Großes Geburtstagsfest im Grünen

VON KATHARINA WEIßLING

Bad Münder. Es hat etwas Zauberhaftes: Kinder, die gerade erst Windeln gegen Schlüppies und wetterfeste Outdoorhosen getauscht haben, klettern kurz vor Abschluss ihrer Waldzeit geschmeidig auf ein Hochsitzdach. Diejenigen, die zum Eintritt noch weniger geradeaus sprechen als gehen konnten, stecken zum Ende ihrer Kindergartenzeit randvoll mit vorgelesenen Geschichten und gemeinsam erlebten Abenteuern. Vom Rummatschen im Herbst bis alles vor Dreck strotzt, vom Schlittern über Eis im Winter übers Tipi bauen neben Bärlauchfeldern im Frühjahr bis hin zum Brombeeren pflücken im Sommer. Die maximal 15 Kinder im Wald entdecken sich selbst in ständig wechselnder Umgebung.

Mal neblig, mal patschnass, mal wunderbar warm oder eisig kalt. Alles ist drin in dieser Kindergartenzeit, vor allem aber das Gedeihen intensiver Bindungen inmitten ständiger Naturerfahrung. Von Wurzeln und Flügeln, so wie Goethe sie für Kinder empfahl, versteht die kleine Gemeinschaft im Wald so einiges.

Und so gerät der 20. Geburtstag des Waldkindergartens am Sonntag, 8. September, zwischen 15 und 19 Uhr zu einem großen Fest von und mit Freunden. „Wir laden alle Kinder der Stadt ein, mit ihren Familien zu kommen und direkt im Wald mit uns zu feiern“, sagt die Erzieherin, Gründerin und Leiterin des Waldkindergartens Bad Münder, Beate Pohle-Kynast. Dafür, dass der große Wurf mit 300 bis 500 Besuchern gelingt, bürgt ein Netzwerk, das größer ist als aktueller Vorstand, Elternschaft und Erzieherteam des kleinen Vereins zusammen.

Ehemalige Waldkinder bringen ihre Instrumente mit und bilden nur für diesen einen Tag ein Waldorchester. Fertige Sozialassistentinnen, die einen prägenden Teil ihrer Ausbildung im Wald abgeschlossen haben, betreuen Drehkino und Kinderschminken. Gegen Abend verzaubert ein längst volljähriges Waldkind mit einer Feuershow. Zwei weitere ziehen mit mittelalterlicher Musik von einem Kinderort zum nächsten. Große Highlights dazwischen sind zwei Aufführungen des professionellen Puppenspielers Herbert Mische. „Das ist ein begnadeter Puppenspieler mit sozialpädagogischer Ausbildung, der unsere Waldkinder jedes Jahr im Advent zum Lachen gebracht und auch uns Erwachsene immer wieder begeistert“, erzählt Pohle-Kynast.

2019 ist Herbert Misches letztes Jahr vor dem Puppenspieler-Ruhestand. Und es ist eine seltene Ausnahme, dass der Puppenspieler zum Wald kommt und nicht umgekehrt. „Schon ein bisschen Wind und meine Bühne wäre hinüber“, sagt Mische.

Da kann das gebotene Stück noch so sehr von den Tieren des Waldes handeln. Dass es trotzdem klappt, liegt an guter Nachbarschaft: Das Akademiehotel der BHW-Akademie stellt seine Seminarräume zur Verfügung für die Aufführung. Gleiches gilt für den Stand von Buchhändlerin Dudo Wanderer, die Kinderbuchklassiker ebenso mitbringt wie Waldbücher, die gerade so en vogue sind.

Selbstgemachten Kuchen zur Kaffeezeit backen Eltern und Großeltern. Aber weil Laufen über Barfußpfade oder die zwischen Bäumen aufgespannte Slackline echten Hunger macht, gibt es an diesem Tag auch herzhafte Verpflegung.

Die Küche des Akademiehotels serviert ab 17 Uhr die wahrscheinlich erste Kürbissuppe des Jahres. Vegan und liebevoll angerichtet in „Brottassen“. Wer eher Fleisch sein Gemüse nennt, kann zu familienfreundlichen Preisen Hackfleischspieße und anderes Fingerfood kaufen. „Wir haben große Sympathie für den Waldkindergarten und finden, dass es sich lohnt zusammenzuhalten hier oben amDeisterhang“, heißt es vom Akademiehotel.

Wer es nicht zu Fuß oder per Fahrrad bis nach oben schafft, darf den Parkplatz der Akademie benutzen. Ab dann gilt „Die Magie des Waldes genießen“, denn unter diesem Motto steht das Fest.