Aus der Ukraine an den Deister

Bewegende Worte findet Nikolai Gliserin gegen Ende des Jubiläumskonzerts des Musikvereins Völksen. Von den 75 Jahren seines Bestehens hatte er 34 Jahre den Dirigentenstab im Musikverein in der Hand und hat die Gemeinschaft der Musizierenden gefördert. Nun hat er den Stab an Tobias Niehof weitergereicht.
VON HORST VOIGTMANN
Gliserin ist 1959 in der Ukraine geboren, besuchte von 1978 bis 1983 das Konservatorium für Musik in Kiew und studierte dort Trompete, Klavier und Dirigieren – mit dem Schwerpunkt klassische Musik. Sein Studium beendete er als Diplom-Musiker. Seit 1980 ist er Trompetenlehrer. In den Jahren 1979 bis 1983 war er erster Trompeter am Opernhaus Kiew. 1991 kam das Ehepaar Gliserin nach Deutschland. Durch Vermittlung des Musikerkollegen Erich Scharnofske, der damals in Gestorf lebte, kamen sie nach Völksen. „Er sagte mir, in Völksen gibt es ein tolles Blasorchester und in Hildesheim brauchen wir dringend einen Musiklehrer. Ich bekam die Stelle als Musiklehrer in Hildesheim und Friedrich Meine, der Vorsitzende des Völksener Musikvereins vermittelte uns eine Wohnung über dem Blumenladen am Konsumplatz“, erinnert er sich. Einige Jahre später ergab sich die Möglichkeit, ein Haus in Völksen zu erwerben, in dem die Eheleute Tamara und Nikolai Gliserin leben.
Im Musikverein förderte Gliserin die musikalische Ausbildung Jugendlicher und setzte diese Nachwuchsausbildung fast 30 Jahre lang fort. Inzwischen haben Sabrina, Sabine und Anna, Mitglieder des Musikvereins, die Nachwuchsausbildung übernommen. „Ich ziehe mich ein bisschen zurück, aber ich bin nicht weg. Ich stehe dem Verein zur Verfügung, wenn ich helfen kann“, sagt Gliserin. Tobias Niehof hat sich als Nachfolger auf seine neue Funktion im Musikverein gut vorbereitet. Er spielt Klarinette und hat für seine Aufgabe als Dirigent eine Ausbildung gemacht und die Prüfung erfolgreich abgelegt.
Louis Armstrong hat wohl mit seiner rauchigen Stimme und seinem Spiel der Trompete den Weg für Gliserin gewiesen. Bei dem Jubiläumskonzert zeigte er, dass er sich mit der Trompete täuschend echt der Spielkunst des amerikanischen Vorbilds nähern kann. Die Bedingungen in der Ukraine seien damals sehr förderlich gewesen, schwärmt er von dem System der Musikausbildung in seiner Heimat. „In der Schule hat man vier Tage in der Woche Musikunterricht. Dann gibt es die Berufsschule. Wenn man die durchlaufen hat, kann man schon in einer Musikschule unterrichten. Und dann gibt es noch das Konservatorium.“
Neben seiner Tätigkeit in der Musikschule Hildesheim ist er auch regelmäßig in zwei Schulen, in denen er Klassen mit musikalischem Schwerpunkt unterrichtet. Der Sohn der Eheleute Gliserin ist Physiker, hat in München studiert und promoviert. In den letzten Jahren hat er mit seiner Frau, die aus Malaysia stammt und ebenfalls Physikerin ist, in Südkorea gearbeitet. Seit zwei Jahren lebt und arbeitet das Ehepaar in Jena, im Fraunhofer-Institut. Nun ergibt sich häufiger die Möglichkeit, sich zu sehen.