Angst um die eigene Sicherheit

Beim heimischen Queeren Netzwerk macht man sich Sorgen und Gedanken um die gesellschaftliche Lage.foto: dpa

Beim heimischen Queeren Netzwerk macht man sich Sorgen und Gedanken um die gesellschaftliche Lage.foto: dpa

Angst in der eigenen Heimat, im eigenen Land zu haben, ist für viele queere Menschen in Deutschland bisher kein allzu großes Thema gewesen. Natürlich haben auch hierzulande schon viele schwule, lesbische, bisexuelle, trans und viele andere Menschen, die der LGBTQ+-Community angehören, Beleidigungen, Ausgrenzung oder sogar zum Teil auch körperliche Gewalt erlebt. Dennoch lebten queere Menschen in Deutschland bislang deutlich sicherer als in vielen anderen Teilen der Welt.

Dieses Gefühl hat sich in den vergangenen Wochen deutlich verändert – und mit dem Ergebnis der Bundestagswahl noch verstärkt. Dass deutschlandweit rund jeder fünfte Mensch kein Problem damit hat, eine rechtsextreme Partei zu unterstützen, oder sogar offen hinten deren „Werten“ steht, hat die Mitglieder des Queeren Netzwerks Weserbergland (QNWB) erschreckt und entsetzt.

Zahlreiche belegte Äußerungen der AfD beweisen, dass diese Partei offen ausländerfeindlich sowie homo- und transphob auftritt. Dieser Haltung schließen sich in einigen Wahlkreisen in Ostdeutschland fast 50 Prozent der Wählerinnen und Wähler an und auch im Weserbergland hat die AfD in einigen Wahllokalen alarmierend hohe Werte erhalten. Für queere Menschen im Weserbergland, heißt das: Sie haben Angst. Angst davor, offen zu dem zu stehen, was sie sind oder wen sie lieben – ein Recht, das queere Menschen generell und jede queere Person für sich selbst hart erkämpft hat.

Mitglieder des QNWB haben bereits geäußert, dass sie dieses Jahr keine Regenbogen-Flagge an ihre Häuser hängen, aus Angst, dass diese angezündet werden. Gleichgeschlechtliche Paare haben geäußert, nicht mehr mit ihrem Partner oder ihrer Partnerin händchenhaltend durch die Straßen von Hameln, Bad Pyrmont, Rinteln oder Holzminden gehen zu wollen, aus Angst, angegriffen zu werden. Transidente Menschen überlegen, alle Hinweise auf ihre Identität aus den sozialen Netzwerken zu löschen, aus Angst vor Gewalt. Einige Mitglieder haben bereits sogar überlegt, in welche Länder sie notfalls auswandern könnten, aus Angst vor Übergriffen oder Verhaftungen. Der Vorstand des QNWB sorgt sich auch darum, ob sie weiter Fördermittel für ihre Aufklärungsarbeit beantragen können, die sie in den heimischen Landkreisen leisten. Auch der Blick auf den diesjährigen CSD ist ein sorgenvoller – im Juni 2024 hatte noch niemand die Befürchtung, dass dort etwas passieren könnte. Doch dieser Gedanke verstärkt sich.

Dabei ist das eigentlich genau das, was die Comunity eben nicht will: Sich verstecken und verleugnen – und damit die Rechtsextremen in ihrem Denken noch bestätigen. Eigentlich wollen sie sich jetzt noch viel mehr zeigen, um zu sagen: „Wir sind hier, ihr kriegt uns nicht klein.“

Dennoch überwiegt die Angst um die eigene Sicherheit. Die Sicherheit im Weserbergland. Die Sicherheit in ihrer Heimat. Und damit, dass es einmal wieder so weit kommt, hätten sehr viele Menschen noch vor einigen Jahren niemals gerechnet.