Vasile Preda verkauft „Asphalt“

Wer im Einkaufszentrum an der Osttangente Besorgungen macht, wird ihn wahrscheinlich nicht übersehen haben, den Mann mit der roten Weste, der dort regelmäßig die neueste „Asphalt“-Zeitung anbietet. Seit 1994 erscheint dieses monatliche Straßenmagazin in Hannover und wird niedersachsenweit vertriebenen.

VON HORST VOIGTMANN

Am Kiosk ist es nicht zu bekommen und das hat seinen guten Grund – denn das Blatt ist als soziale Straßenzeitung konzipiert. Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen keiner beruflichen Tätigkeit nachgehen können, können als Zeitungsverkäufer ein bisschen Geld verdienen.

Vasile Preda, Asphaltverkäufer Nummer 2297, ist in Begleitung seines 17-jährigen Sohnes Ioan Alexandru an diesem Nachmittag extra nach Springe gekommen. Preda hat viele Jahre für Abbruchunternehmen gearbeitet. „Eine körperlich schwere Arbeit“, erklärt sein Sohn, „die ihm den Rücken und die Beine kaputtgemacht hat. Lange stehen kann er nicht, dann muss er sich wieder setzen“, übersetzt Ioan Alexandru die Erklärung seines Vaters, der nur wenige Brocken Deutsch, aber ganz passabel Englisch sprechen kann. Dabei habe er immer wieder versucht, in einem anderen Beruf zu arbeiten, aber die Gesundheit habe es ihm nicht möglich gemacht.

Er habe in Holland und in England nach Arbeit gesucht, aber nichts gefunden, was er körperlich machen konnte.

Seit 2015 wohnt die dreiköpfige Familie in Schulenburg. Sie alle stammen aus Bac?u, einer Stadt im Nordosten Rumäniens, in der Region Moldau.

Ioan Alexandru hat seine Mittlere Reife abgeschlossen und sucht nun nach einem Ausbildungsberuf. Tischlerei oder eine Kraftfahrzeugwerkstatt würde er gern als seinen künftigen Arbeitsplatz haben. Und er hofft, dass er auf diese Art und Weise ein bisschen Geld für die Familie mit verdient.

Einmal im Monat fährt Vasile Preda nach Hannover und muss sich hier am Vertrieb des Asphaltsmagazins in eine lange Schlange mit anderen Zeitungsverkäufern stellen. Für 1,10 Euro pro Stück kauft er dann die Zeitungen, die er an dem Platz in Springe, der ihm zugewiesen wurde, für 2,20 Euro anbietet. Auf diese Art und Weise wird beim Verkauf der Zeitung eine Konkurrenz zwischen den Asphaltsverkäufern vermieden.

Die Asphaltsverkäufer sind in gewisser Weise selbstständige Kaufleute. Aber es gibt auch Regeln für sie. So dürfen sie weder Alkohol konsumieren, noch Drogen nehmen, wenn sie die Zeitung anbieten. Jeder Anbieter von „Asphalt“ kann sich ausweisen. Das ist wichtig, weil es auch manch einen gibt, der zwar Asphalt anbietet, aber gar nicht berechtigt ist.

Dadurch, dass die Asphaltsverkäufer die Zeitung selber zunächst bezahlen müssen, haben sie großes Interesse, sie natürlich auch wieder zu verkaufen, um ihren Verkaufserlös zu erzielen. Hoch ist der Erlös wahrlich nicht. Aber viele der Kunden runden den Betrag auf, besonders bei solch freundlichen Asphaltsverkäufern, wie Vasile einer ist.

So manche seiner Kundinnen und Kunden öffnet das Portemonnaie, zahlt die Zeitung, ohne sie mitzunehmen, weil sie verstanden haben, dass hier einer steht, der dringend jeden Cent braucht, um über die Runden zu kommen.

Sandra Richter ist eine von diesen Kundinnen. Vasile Preda kennt die Frau vom Sehen. Wenn sie an ihm vorbei geht, dann kauft sie ihm zwar keine Zeitung ab, aber gibt ihm ein bisschen von ihrem Wechselgeld. „Ich habe genug Zeitungen zu Hause“, sagt sie und stellt sich für ein Foto neben ihn. Aber sie verpasst natürlich etwas, denn die Zeitung wird professionell gemacht und greift immer wieder interessante Themen auf.

Wenn Sie an Vasile Preda vorbeigehen, sprechen Sie ihn gerne einmal auf Englisch an. Er ist ein freundlicher Mensch und freut sich, dass er in Springe so nett behandelt wird, von den Kunden, die an ihm vorbeigehen, aber auch vom Marktleiter des E-Centers an der Osttangente, an dessen Tür er steht.