Singen hält jung

In der jüngeren Vergangenheit war immer wieder von Chören zu hören, die aufgrund fehlender Sängerinnen und Sänger aufgegeben haben. Damit geht nicht nur ein Stück Kultur kaputt. Beim Besuch im Völksener Gemeindehaus der Johannes-Gemeinde kann man lebendige Chorarbeit erleben – immer montags zwischen 19.30 und 21.30 Uhr.

VON HORST VOIGTMANN

Lauren Welliehausen, ausgebildete Sopranistin, leitet die Johannis-Kantorei in ihrer lebhaften Art. Und da merkt man gleich, dass Singen Spaß macht. Aber das ist es nicht allein: Jeder Mensch kann vom Singen profitieren. Denn Singen vertieft die Atmung und sorgt für eine bessere Sauerstoffversorgung der Organe und des Gehirns, haben Ärzte festgestellt. Und weil auf ganz natürliche Weise die Zwerchfellatmung aktiviert wird, wird einerseits eine bessere Entgiftung des Körpers angeregt und andererseits die Entspannung gefördert.

Regelmäßiges Singen sei wie inneres Joggen, erhöhe die Herz-Kreislauf-Fitness, und bringe die Glücks-Hormone auf Trab, sagt der Musikpsychologe Thomas Biegl. Serotonin, Noradrenalin und Beta-Endorphine steigen an, wenn Lieblingslieder gesungen werden, heben die Stimmung, reduzieren gleichzeitig Angst- und Schmerzgefühle. Auch das Immunsystem profitiere durch das Singen.

Lauren Welliehausen schreibt im Gemeindebrief der Johannesgemeinde, dass außerdem bereits seit einer Weile bewiesen sei, dass Menschen, die singen, länger leben. Wissenschaftler haben demnach 12000 Menschen aller Altersgruppen untersucht und stellten tatsächlich fest, dass Mitglieder von Chören und Gesangsgruppen eine signifikant höhere Lebenserwartung haben als Menschen die nicht singen.

„Jetzt dürfen sie es gern selbst ausprobieren!“schreibt Lauren Welliehausen augenzwinkernd im Gemeindebrief und lädt damit zu den Chorproben in das Gemeindehaus der Johannesgemeinde ein. „Wir versprechen eine fröhliche, positive und vertrauensvolle Atmosphäre bei unseren Proben.“

Und tatsächlich geht es bei den Chorproben munter zu, es wird gesungen, aber auch gelacht. Immer jedoch ist das Ziel vor Augen, für das nächste Konzert fit zu sein. Und das Weihnachtskonzert ist ja auch schon bald, am 4. Dezember um 17 Uhr, in der Johanneskirche in Völksen.

Natürlich gibt es den einen oder anderen Chor im Bereich von Springe oder Bad Münder, der ebenso einlädt, zu singen. Vielleicht hat der eine oder die andere Lust bekommen, es mal zu probieren. Singen macht Spaß. Und wer glaubt, dass seine Stimme schon ein stabiles Maß gerüstet ist, wird sich wundern, was durch Stimmbildung noch aus ihr wird.

Chorleiterin Welliehausen: „Gerade nach der Corona-Pause brauchen wir Chöre. Es ist sehr traurig, dass so viele Chöre aufgeben.“ Bei den Recherchen zum Thema fällt auf, dass das Thema auch augenblicklich große Bedeutung hat. Da ist NDR-Kultur mit dem Chor-Experiment: Udo Lindenberg hat ein Lied geschrieben und viele Chöre und Einzelsänger haben dieses Lied aufgenommen und eingesendet. Mehr als 3000 Sängerinnen und Sänger haben dabei mitgemacht.

Über die Arbeit der Chöre kann man Anfang Dezember einen Film im Raschplatz-Kino in Hannover sehen: „Unsere Herzen ein Klang“. Die Fachzeitschrift epd-Film spricht davon, dass der Satz Hyunju Kwons „Ich bin ohne den Chor nichts“ über dem ganzen Film stehen könnte und nennt ihn einen Film „der die Gemeinschaft feiert – empathisch und in weiten Teilen mitreißend im Sog des Gesangs.“ Auch der Abend im Schauspielhaus, unter dem Titel „Luft – eine musikalische Ode an den Odem“ huldigt dem Singen und dem Atmen. Manch einer hatte in der Coronazeit Angst zu atmen, und blieb lieber allein, weil keiner wusste, ob mit dem Atem Viren in uns gelangen würden. Singen im Chor durchbricht diese Angstwand und macht lebendig.