Beobachtungen einer Chorprobe

Freitagabend. Auf dem Kirchplatz der St.-Andreas-Kirche in Springe treffen sich einige junge Leute. Alles Mitglieder des Jugendchores Quilisma. In 15 Minuten beginnt die Chorprobe, aber es gibt noch viel zwischen den Jugendlichen zu klären. Sie haben sich inzwischen an Interims-Chorleiter Tammo Krüger gewöhnt.

VON HORST VOIGTMANN

Schließlich haben sie schon einige Auftritte mit ihm hinter sich. Außerdem war er in der Zeit, als Keno Weber den Chor leitete, für ihn gelegentlich der Vertreter. Die Stelle für den Chorleiter wird neu ausgeschrieben. Und wenn alles gut geht, dann könnte im Herbst ein neuer Verantwortlicher die Arbeit übernehmen. Es soll ein Kirchenmusiker sein, der ein B-Examen absolviert hat, so die Vorgaben. Ein solches Examen hat Tammo Krüger nicht vorzuweisen, aber als Dirigent hat er viel Erfahrung. Und er ist Leiter eines Orchesters mit dem vielsagenden Namen „Geräuschkulisse“.

„Bis der Nachfolger die Chorarbeit hier übernimmt, bin ich euer Chorleiter“, sagt Tammo Krüger den Mitgliedern des Chores zu. Man spürt die Erleichterung der jungen Leute und wie ernst sie ihr Engagement für den Chor nehmen.

Krüger beginnt mit dem Einsingen des Chores. Er sitzt am Klavier, spielt oder singt eine Tonfolge, die dann vom Chor übernommen wird. Dann reicht ein neuer Anfangston, um weiter in die Höhen oder Tiefen hineinzukommen.

Es geht aber nicht nur um Töne, sondern auch um Artikulation. Wie sehr müssen die Lippen geschürzt werden, um ein „J“ zu singen? Da ist es gut, wenn der erfahrene Chorleiter Tipps dazu gibt.

Dann werden Noten verteilt, ein vierstimmiger Satz: „Abend ward, bald kommt die Nacht“, der Text wird sofort vom Blatt abgesungen. Dann folgt ein etwas schwierigeres Lied, weil es einen hebräischen Text hat. Ein Ruf kommt darin immer wieder vor, mal von den Männerstimmen gesungen, mal von den Frauenstimmen. Vom Chorleiter kommt die ungewöhnliche Anweisung, das nicht wie ein romantisches Lied, fein und vorsichtig, zu singen. „Ein bisschen dreckiger muss es klingen.“ Schnell stellen sich die Chormitglieder darauf ein.

Die zwei Männerstimmen müssen sich ordentlich ins Zeug legen, denn die Frauenstimmen sind derzeit im Chor in deutlicher Überzahl. Männerstimmen für Bass und Tenor werden dringend gebraucht.

Damit die Chormitglieder stimmlich weiterkommen, gibt es neben der Stimmbildung für alle am Anfang eines Probenabends auch Einzelstimmbildung.

Maras Stimmlage ist der Mezzosopran. In der oberen Etage des neben dem Gemeindehaus liegenden Kindergartens wartet Susanne Wiencierz auf sie, um mit ihr zu arbeiten. Wiencierz ist ausgebildete Opernsängerin und seit 2015 als Stimmbilderin für den Kinder- und Jugendchor Quilisma tätig.

Mara möchte ihr „U“ verbessern. Im Gespräch entwickeln die beiden Frauen die Strategie dafür. Das „U“ muss weiter nach vorne, vermutet Mara und hat dabei auch recht. Mit gespitzten Lippen klingt das auch gleich ganz anders, das ist sofort festzustellen.

Mit solcher Förderung wächst natürlich die Qualität des Chores. Es geht nicht nur um den Gesamtklang, sondern darum, dass jedes einzelne Chormitglied die optimale sängerischer Leistung für den Chor in sich entwickelt.