Eine Zukunft geben

Die Lüderserin Isabel Kiefer ist die Vorsitzende von „Shine Light in Girls‘ Education“, einem gemeinnützigen Verein. Sie arbeitet als systemische Familientherapeutin mit jungen Menschen und ihren Eltern und reist regelmäßig nach Gambia. Im Interview mit „hallo Wochenende“ berichtet sie von ihrer Arbeit.

VON ANNE BRINKMANN-THIES

Frau Kiefer, Sie haben einen Verein gegründet, der Mädchen im westafrikanischen Gambia eine Schulbildung ermöglichen will. Warum?

Während eines privaten Besuchs in Gambia habe ich den Verein mit dem jungen Gambianer Ebrima Njies Fadera gegründet. Mädchen sind in vieler Hinsicht weltweit und damit auch in Gambia benachteiligt. Gerade in Ländern, in denen sich Männer aufgrund von Arbeitslosigkeit als Wanderarbeiter verdingen müssen und ihre Familien allein lassen müssen, ist Bildung für Mädchen und Frauen der einzige Weg, aus der Armut herauszukommen. Mit unserem Verein wollen wir ihnen die Chance auf Bildung geben, indem wir sie mit Schulmaterialien ausstatten. Mädchen und Frauen bilden die Hälfte der Bevölkerung und müssen die Chance auf eine Berufsausbildung und gesicherte Existenz bekommen.

Wie funktioniert die Unterstützung und wer kann helfen?

Wir haben Patenschaften für die Mädchen eingerichtet, die mit 19 Euro monatlich unterstützt werden. Davon werden jeweils zu Schuljahresbeginn Schuluniformen, -bücher, -schuhe, -hefte, Stifte, Ranzen, Schulessen sowie mitunter auch der Transport zu den entfernter liegenden Schulen bezahlt. Jeder kann helfen: Einzelpersonen, örtliche Unternehmen, Schulklassen ...

Ihr Verein besteht seit gut zwei Jahren. Inzwischen richten Sie den Blick nicht nur auf die Schulmädchen, sondern auch auf die Frauen. Wieso bedarf es hier finanzieller Hilfe und wie sieht die aus?

Die von uns unterstützten Frauen sind in der Regel alleinstehend, sehr oft verwitwet. Sie haben kein Einkommen und bekommen aus ihrem Dorf nur die allerallernötigste Unterstützung, weil die anderen Familien auch nicht viel abzugeben haben. Darum haben wir uns entschlossen, diesen Frauen ebenfalls mit einer Mikrofinanzierung in Höhe von umgerechnet 230 Euro zu helfen. Wir nennen das Projekt „Soul Sisters“. Die jeweilige Frau zahlt das Geld innerhalb von drei Jahren ohne Zinsen zurück und es kann dann einer andern Frau zur Verfügung gestellt werden. In diesen drei Jahren lernen sie, wie man ein Bankkonto führt, Ein- und Ausgaben gegenüberstellt und vieles mehr.

Dieses Projekt haben wir in zwei Dörfern eingeführt, in denen die Frauen von zwei unserer gambianischen Partner Fortbildung erhalten. Für alleinstehende Frauen, die damit wegen fehlender Schulbildung überfordert sind, haben wir das „Women to Women Goat Project“ ins Leben gerufen. Eine Frau bekommt eine ausgewachsene Ziege im Wert von 140 Euro. Alle Frauen auf dem Lande kennen sich mit deren Zucht aus, sodass keine Vorkenntnisse erforderlich sind. Ziegen sind sehr anspruchslos und finden fast überall auf dem Lande ihr Futter. Sobald eine Ziege Nachwuchs bekommt, wird jeweils das zweite Tier, sobald es erwachsen ist, an eine andere bedürftige Frau weitergegeben.

Ihr Verein engagiert sich auch gegen die sehr weit verbreitete Genitalverstümmelung. Wo können Sie ansetzen?

Seit 2015 ist die Genitalverstümmelung in Gambia verboten. Trotzdem wird sie weiter heimlich praktiziert, weil Frauen, die unbeschnitten sind, als unrein gelten. Ansetzen können wir durch einen engen Kontakt zu Hebammen und Krankenschwestern, die über die Dörfern ziehen und Aufklärungsarbeit leisten. Auch dazu leisten wir unseren finanziellen Beitrag.

Wann waren Sie zuletzt in Gambia?

Ich war zuletzt im März mit meinen beiden Mitarbeiterinnen Julia Panknin und Hannah Kirchmeier in Gambia. Letztere hatte die Ideen mit der Mikrofinanzierung und Ziegenzucht, die wir vor Ort gleich in die Tat umsetzen konnten, da wir das Konzept dazu bereits vorher erarbeitet hatten. Es war eine sehr arbeitsintensive Zeit, da wir auch die meisten unserer Patenmädchen besucht haben, um über deren weitere Entwicklung innerhalb des vergangenen Jahres im Bilde zu sein. Es ist uns auch sehr wichtig, dass unsere Paten darüber Bescheid wissen und den Kontakt zu den Mädchen so weit wie möglich aufrechterhalten können.

Wo kann man sich anmelden, um zu spenden oder eine Patenschaft zu übernehmen?

Obwohl unsere Webseite www.slige.de nach unserer Reise noch nicht auf den neuesten Stand gebracht wurde, ist es jedem interessierten Menschen möglich, unter dem Punkt Verwendungszweck auf einer Überweisung anzugeben, wofür er oder sie eine Spende leisten möchte.