Die Lust am Leben ist zurück

Nach seinen Schlaganfällen hat sich Erich Scharnofske zurückgekämpft auf die musikalischen Bühnen. Dafür hat er hart gearbeitet: Noch im Krankenhaus trainierte er seine Konzentrationsfähigkeit, lernte systematisch zunächst die Namen der Pfleger und Ärzte auswendig, dann die Telefonnummern seiner Familie.

VON ANNE BRINKMANN-THIES

Eine anschließende Reha absolvierte der Musiker zu Hause in Gestorf. Und bekam und bekommt die nötige ärztliche und therapeutische Unterstützung. Dafür, sagt Scharnofske, sei er sehr dankbar. Ebenso für den Zuspruch und die Hilfe vieler befreundeter Musiker, die ihm in dieser schweren Zeit zur Seite standen – und noch stehen. „Dafür möchte ich ebenfalls ausdrücklich Danke sagen“, so Scharnofske. „Heute“, so sagt er, „ist das Leben wieder schön“. Seine ersten musikalischen Schritte zurück in seinen Alltag schaffte er mit einer Ziehharmonika. Die sei leichter zu spielen als ein Blasinstrument, sagt der Trompeter.

Schon seine Mutter habe Ziehharmonika gespielt, erzählt der Gestorfer. Mit diesem Instrument lernte er, seine Finger wieder koordiniert zu bewegen. Und trainierte, wieder alle Noten lesen zu können. Denn zunächst sei ein Teil der Noten vor seinen Augen verschwommen. Aber Scharnofske schaffte es. Hart arbeitet er tagtäglich an weiteren Fortschritten, macht Geschicklichkeitsübungen und trainiert seine Konzentrationsfähigkeit. Und er macht viele Spaziergänge. „Denn ich brauchte die Bewegung an der frischen Luft.“

Inzwischen trompetet Erich Scharnofske auch wieder, hat erste Auftritte. Noch kann er nicht die ganz hohen Töne intonieren, das kostet zu viel Kraft. Aber, so sagt der Musiker, der seit mehr als 40 Jahren auf den Bühnen der Welt spielt, dafür habe er ja seine Musiker-Freunde. Und auch seine drei erwachsenen Kinder Florian, Lizzy und Nikolay. Alle drei haben Jazz, Pop und Rock studiert und sind als Profi-Musiker erfolgreich.

Beim Konzert im eigenen Garten am 15. Mai wird Erich Scharnofske noch nicht die erste Stimme spielen. Diesen Part überlässt er den drei anderen Trompetern Nikolai Gliserin, Reinhard Großer und Harald Frey - allesamt Könner auf dem Instrument -, die in dieser Formation das erste Mal gemeinsam auftreten. Und ein breit gefächertes Programm spielen: von Werken des Barock bis hin zu Stücken der Beatles. Im zweiten Teil des Konzerts können sich die Freunde der Blasmusik dann auf Evergreens freuen.

Erste Konzerte im eigenen Garten hatte Scharnofske bereits im vergangenen Jahr organisiert, um den gebeutelten Soloselbstständigen in der Pandemie eine Möglichkeit des Auftretens zu verschaffen. Dafür hat er in seinem Garten einiges umgestaltet und angeschafft. Die Hilfe für Soloselbstständige liegt dem Gestorfer nach wie vor sehr am Herzen. Am liebesten würde er eine Stiftung gründen. „Aber das schaffe ich im Moment noch nicht“, sagt er.

Umgesetzt hat er mit seinem Ensemble „Königliche Blasmusik“ aber ein anderes Projekt: eine CD-Aufnahme des Werks „Peter und der Wolf“ von Sergej Prokofjew, das ursprünglich für ein Symphonieorchester geschrieben war. Bernd Hübner hat es nun neu arrangiert für eine kleine Besetzung. Und die Mitglieder der „Königlichen Blasmusik“ haben es unter der Leitung von Scharnofske aufgeführt.

„Dieses musikalische Märchen ist gut geeignet für eine Aufführung in Schulen“, sagt der Trompeter. „Wir schicken die CD-Aufnahme nun an Grundschulen und spielen es auf Anfrage auch gerne live“, sagt Scharnofske. Nur den Part des Sprechers müsse möglichst ein Lehrer übernehmen.

Erich Scharnofske hat sich zurückgekämpft in sein Leben. Über seine musikalischen Stationen und vielen spannenden Projekte entsteht übrigens gerade eine Biografie, die sein Musiker-Kollege Reinhard Großer schreibt.