Boden wischen, Luft bereinigen

Bis der Duft von Tannenzweigen und Sandelholz aus Räuchermännchen und durch Wohnstuben zieht, ist es noch Monate hin. Doch schon jetzt, wenn es morgens dunkler, abends kühler ist, verschiebt sich die Perspektive auf Licht und Wärme. Gewohnheiten wie Kerzen entzünden, Kamin anfachen und für manche auch Räuchern, nimmt wieder Platz ein in unseren Gewohnheiten.

VON KATHARINA WEIßLING

Das Räuchern ist eine der ältesten Kulturtechniken der Menschheit. Und doch sind die Herangehensweisen daran schon im Weserbergland mannigfaltig. Profis in Sachen Fisch und Fleisch räuchern für guten Geschmack und die Haltbarkeit der Nahrung, die sie verkaufen. Dabei ist der Duft, der sich zum Beispiel im Wald um die Forellenteiche in Sedemünder ausbreitet, für manche eine erfreuliche, sinnliche Beigabe zum Einkauf im entsprechenden Hofladen.

Carolin Radenz aus Eimbeckhausen und Petra Haupt aus Bad Münder räuchern vor allem um Platz für neues zu schaffen - auf eher feinstofflicher Ebene. Die Eine-Welt- Laden-Expertin und Einzelhändlerin Petra Haupt hat so genannte mexikanische Freundeskreise im Sortiment. Auf Sand und glühender Kohle verbreiten Harze aus zum Teil fernen Ländern ihre ganze eigene Art von Aromatherapie. Um die Räucherschale herum ist eine Gemeinschaft von Tonskulpturen ums Feuer versammelt, das Gleiche erfahrend. Ein Sinnbild für die menschliche Erfahrung des Räucherns.

Sarah Wegener aus Bad Münder macht eine Ausbildung zur Wildnispädagogin. Und war anfangs überrascht vom regelmäßigen Ritual des Räucherns vor manchen Seminaren. Eine Achtsamkeitspraxis, die den Fokus, die Konzentration der Gruppe verstärke.

Die Naturpädagogin Carolin Radenz aus Eimbeckhausen sammelt Räuchersubstanzen wie andere Wildtees und stellt gezielt Mischungen für verschiedene Menschen und ganz unterschiedliche Bedürfnisse zusammen. Zum Einsatz für Segen oder Reinigungsritual kommen Kräuter, Harze und Holze. Auf Anfrage bietet sie Hausräucherungen an, in der dunklen Jahreszeit auch Räucherabende. Vor allem und sehr regelmäßig aber räuchert sie fürs persönliche Wohlbefinden. „In meiner Familie wird zu vielen Gelegenheiten geräuchert: Zur Meditation, zur Unterstützung der Selbstheilungskräfte bei Krankheit und einfach so zwischendurch“, erzählt sie und argumentiert: „Wir alle reinigen regelmäßig unsere Küche, wischen Staub von Möbeln und Fußboden.“ Zu oft übergangen aber würde das, was sozusagen in der Luft hänge und mitunter bedrücke. Sprichwörtlich „dicke Luft“ gelte es ebenso zu bereinigen wie Schmutz. Im Erlebnis hat die Gewohnheit des Räuchern für Radenz nach wie vor etwas Magisches. „Da gibt es Ecken in manchen Räumen, in denen der Rauch plötzlich zu stocken scheint, bevor er sich weiter entfaltet und verbreitet.“ Das Gefühl in den Räumen sei nach dem Räuchern ein neues. Vor allem die Menschen darin fühlten und handelten oft anders nach einem solchen Ritual. Nicht selten gehe es danach friedvoller zu, berichteten auch Freunde, für die sie geräuchert hat. Und schon schließt sich der Kreis zu den mexikanischen Tonfiguren des Freundeskreises, die auch den Beinamen Friedenstänzer tragen.