Girls machen den Club bekannt

Floreana Schmidts Eltern spielen Golf, ihre Brüder spielen Golf, und familienbedingt spielte auch sie irgendwann Golf. Aus dem pragmatischen Grund heraus, dass sie so weniger alleine zu Hause wäre. Ihre Begeisterung für den hochkomplexen und zeitintensiven Sport nahm aber erst Fahrt auf, als sie nach Jahren reinen Sports eine gleichaltrige Freundin fand; sich mit ihr zum Golfen verabredete und die viele Zeit auf dem Platz plötzlich soziale Qualitätszeit wurde. „Als ich anfing, war ich gefühlt das einzige Mädchen im Club. Die Jungs sprachen nicht viel mit mir und darauf nur mit Erwachsenen zu spielen, hatte ich irgendwann keinen Bock mehr“, erinnert sie sich rückblickend an den Grund dafür, den Platz jahrelang zu meiden. Nicht nur ihr erging es so. Der Golfsport hat erkanntermaßen Probleme in punkto weiblicher Nachwuchs.

VON KATHARINA WEIßLING

Floreana Schmidt und Joke Meyer haben aus ihrer bittersüßen Erfahrung etwas Neues mit enormer Zugkraft erschaffen. Ihr Projekt „Girls Golf am Deister“ sorgt inzwischen sowohl auf Landes- als auch auf Bundesebene für Gesprächsstoff. Als der Deutsche Golfverband dazu aufrief, innovative Nachwuchsprojekte passend zum Motto: „Vom Breitensport zur Leistungsförderung“ einzureichen, stellten die beiden ihr noch junges Konzept vor und landeten bei der Vorauswahl prompt unter den Top drei neben den Traditionsvereinen Bremen Zur Vahr und dem Promi-Verein Eichenried (bei München).

Auf der Mitgliederversammlung des Deutschen Golfverbandes soll im nächsten Jahr ein Film über die drei Nachwuchsprojekte gezeigt werden. Best Practice Beispiele sind es, die Schule machen sollen innerhalb der deutschen Golf-Community. Seit April vorigen Jahres etwa haben die Sonderpädagogin Floreana Schmidt und ihre Golffreundin Joke Meyer sich daran gemacht, jedes Mädchen anzusprechen, das auf „ihrem Platz“ hineinschnuppert in den Golfsport. Zielgruppe: 6 bis 25. Sie schrieben Mails, baten um Steckbriefe und Infos wie zum Beispiel das schönste Golferlebnis. Ihre Motivation: Den Mädchen und Teenagern und jungen Frauen sofort zeigen, dass sie nicht allein unter Jungs und Männern sind. Mal gibt es eine Golf-Olympiade mit einem Quiz zum Platz, mal verabreden sich größere und kleinere bewusst zu einer Golfrunde zu viert und vermitteln ganz nebenbei Wissen. Auch eine große Zoom Konferenz gab es coronabedingt. - Eine außergewöhnliche Konstellation mit einer Gruppe, in der jedes Alter von 6-25 mindestens einmal vertreten ist. Die Kleineren macht diese Gemeinschaft stolz, die Großen erfreut die Mischung und die große Begeisterung der jüngeren Mädchen.

Die Resonanz auf das Projekt ist vereinsintern überwältigend. Sämtliche Kontaktierten bissen an und wurden rasch Teil der Gruppe. „Inzwischen sind wir 22 Girls Golferinnen am Deister“. Einmal war jedes Mädchen eingeladen, eine Freundin mitzubringen. „Golf hat bei vielen Jugendlichen das schlechte Image, ein Sport für alte Männer zu sein“, erklärt Schmidt. Und wenn die besten Freunde erst lästern, hat man schon keine Lust mehr. „Es muss gar nicht jede Spaß daran finden, es geht schon darum, den Sport zu öffnen und wirklich bekannt zu machen, so wie er ist“, erklärt die 25-Jährige.

Floreana Schmidt selbst geht das Herz auf, wenn sie mit golfenden Mädchen über den Platz geht und merkt wie viel Spaß sie haben, wie sehr sie sich mit der fröhlichen und altersmäßig völlig durchmischten Gruppe identifizieren. Bei einem Treffen verschenkten die Organisatorinnen Schlüsselanhänger mit dem Schriftzug Girls Golf. „Ein Vater berichtete mir später, dass seine sechsjährige Tochter ohne dieses Teil nicht einmal ins Bett gehen wollte“, sagt sie. Der Jugendwart des Golfpark am Deister, Stephan Wigger sagt dazu: „Leistung entwickelt sich, wenn es Spaß macht und dieses Projekt ist einfach großartig.“