Handwerk in jungen Händen

Ihr Handwerk ist tausende Jahre alt. Die Bewegungen ihrer Finger an der Töpferscheibe unterscheiden sich kaum von denen zahlreicher Vorgänger im Lauf der Menschheitsgeschichte. Dennoch ist jedes Stück, das sie fertigt, ein Einzelstück in Form und Farbgebung. Jana Döring aus Nienstedt ist eine von sehr wenigen jungen, professionellen Keramikerinnen.

VON KATHARINA WEIßLING

Nach der Erkenntnis, dass ihr Lehramtsstudium für Latein und Mathematik ihrer Persönlichkeit nicht entsprach, schwenkte sie gezielt aufs Handwerk um. „Heute bin ich mein eigener Chef und das macht mich glücklich“, sagt die 26-Jährige Solo-Selbständige und ist stolz darauf, ihren Lebensunterhalt seit kurzem allein mit ihrem Geschick als Töpferin und Unternehmerin bestreiten zu können.

Der Weg dahin war ein harter. „Erst im dritten Lehrjahr konnte ich meinen Chef wirklich mit Werkstücken unterstützen“, sagt Jana Döring. Zuvor stellten Ton und Töpferscheibe ihr Durchhaltevermögen auf die Probe. „Eine falsche Bewegung und alles fällt in sich zusammen“, erklärt Döring. Nicht selten riss dabei auch ihrem Ausbilder der Geduldsfaden. Ein spannungsgeladene Angelegenheit in einem Berufsfeld, dass gern als meditativ verklärt wird. „Heute im Flow ist es so, aber bis dahin hat es lange gedauert, die dreijährige Ausbildungszeit war nötig.“

Der Markt, in dem die junge Unternehmerin sich heute bewegt, ist ein völlig anderer. „Niemand braucht wirklich Töpferware, es ist eine bewusste Entscheidung, sie zu wollen und sich zu leisten“, reflektiert Döring. Manche Kunden empfänden es als erdend, handgefertigtes, einzigartig geformtes in Händen zu halten. „Ich hatte sogar mal eine Kundin, die mir schrieb, dass meine Teller sie motivieren, besser und gesünder für sich zu kochen“, sagt Döring erfreut. Rückmeldungen dieser Art bestätigen sie in der Wahl ihrer schlichten cremeweißen Glasur. „Da ist schon ein Hauch pink und ein Hauch beige drin, wenn man genau hinschaut, aber die Hauptrolle spielt das, was darauf serviert wird“, sagt sie. Ihre anderen bevorzugten Glasuren sind „Magic Green“, und ein leuchtendes Blau.

Jana Döring besteht darauf, ihre Glasuren selbst anzumischen. Ein Thema, über das sie gern mit ihrem Freund, dem Chemiestudenten Hans Mainardus fachsimpelt. „Die Reinstoffe für die Glasuren stehen noch nicht so lange zur Verfügung“, sagt der. Umso reizvoller ist es, zu experimentieren. Vor dem zweiten Brennen, lässt sich die spätere Farbe den Stücken noch nicht ansehen. Ein magischer Vorgang, der viel Wissen erfordert.

„Die Wärmedehnung von Glasur und Ton müssen zusammenpassen“, sagt Döring. Nur so gelingt das Kunststück, die fertigen Waren wasserdicht und spülmaschinenfest zu machen und damit heutigen Ansprüchen zu genügen.

„Die Wahl der Formen ist physikalisch begrenzt“, erzählt Döring. Persönlich bevorzugt sie eine klare, eher minimalistische Formsprache. „Nichts darf kippeln, die Funktion steht an erster Stelle“, lautet ihre Philosophie.

Und dann ist da noch eine besondere Transparenz, die ihr Geschäftsmodell ausmacht. „Wer Töpferware kauft, denkt über seinen Lebensstil nach“, meint sie. Ihr persönlicher Stil ist durchaus auf Nachhaltigkeit ausgelegt: Wenig Abfall produzieren, gesundes Essen schätzen, von Natur umgeben sein und diese zu achten – schon bei der Auswahl der Rohstoffe.

Auf der Internetseite www.toepferei-am-wald gibt Jana Döring Einblick in ihre Arbeitsweise, gewährt einen Blick in ihre Werkstatt, die aktuell noch in Süddeutschland ist. „So sehen die Leute nicht nur das Ergebnis meiner Arbeit, sondern auch den Entstehungsprozess und den Menschen, der dahinter steht“, sagt Döring. Auf Dauer wünscht sie sich, selbst auszubilden und auch Kurse zu geben – eine Platzfrage. Für den Moment genießt sie auch, dass wieder Töpfermärkte möglich sind und damit auch inspirierender, angenehmer Austausch unter Kollegen.