Seiner Zeit weit voraus

Alle reden von Klimawandel und Energiewende – auch die Macher des Energie- und Umweltzentrums (EUZ) in Eldagsen. Sie reden allerdings nicht nur darüber, sondern zeigen in Seminaren, Tagungen und eigenen Bauprojekten, wie sie gelingen kann – und das schon seit 40 Jahren.

1981 kauften Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft „Sanfte Energie“, hervorgegangen aus der Anti-Atomkraft-Bewegung in Frankfurt, das ehemalige Landschulheim der hannoverschen Bismarckschule am Deister, um ein Zentrum für alternative Energien zu gründen. Der Verein Energie- und Umweltzentrum wurde aus der Taufe gehoben

„Es belastet uns ziemlich, dass wir das Jubiläum nicht wirklich feiern können“, sagt Wilfried Walther, der Vorsitzende des Vereins. Ministerpräsident Stephan Weil hatte sich dazu angekündigt, ebenso der heimische Bundestagsabgeordnete Matthias Miersch (beide SPD). „Wir merken, dass wir als Institution bundesweit gut anerkannt sind“, so Walther.

Ziel damals wie heute sei es, nicht nur für alternative Energieformen zu werben, sondern in der Praxis zu zeigen, wie sie funktionieren. Das fing einst an mit einer Wanderausstellung, dem „ersten Umweltmobil überhaupt in Deutschland“, sagt EUZ-Vize Dirk Schröder-Brandi.

Heute demonstriert der Verein, aus dem auch die EUZ GmbH hervorgegangen ist, ökologische Energiegewinnung und Gebäudedämmung auf seinem Gelände – mit Modellen, aber auch an den eigenen Gebäuden. Eines der Hauptthemen: die gut gedämmte, luftdichte Gebäudehülle, „die ist das A und O, um Heizenergie einzusparen“, sagt Uwe Brockmann, Kassenwart des EUZ-Vereins und Geschäftsführer der GmbH.

Den Energieverbrauch des 1928 aus Vollziegel und Kalkstein erbauten Haupthauses habe man bis zur Mitte der 1990er-Jahre nahezu halbiert und mittlerweile um zwei Drittel reduziert, erklärt Walther. Das Gästehaus, das 1992 gebaut wurde, sei damals das bundesweit erste Niedrigenergie-Gästehaus gewesen – und erfülle noch heute alle Standards an Energieeffizienz. „Das zeigt, dass man schon vor 30 Jahren viel höhere Anforderungen an Energieeffizienz hätte stellen können“, sagt Schröder-Brandi. Auf technischer Ebene sei die Energiewende kein Problem, „aber auf politischer Ebene“.

Anfang des Jahrtausends kam das Schulungsgebäude im Passivhaus-Standard dazu, das überwiegend für die eigenen Seminare genutzt wird, aber auch Gästen des Tagungshauses mit seinen 22 Gästezimmern zur Verfügung steht.

Nicht nur in puncto Energieeffizienz war das EUZ seiner Zeit voraus. „Wir waren damals das erste Bildungszentrum in Deutschland, das seinen Gästen ausschließlich vegetarische Vollwertkost angeboten hat – und alle haben es überlebt“, sagt Schröder-Brandi. Die einstige Skepsis der Gäste habe sich aber gewandelt, sagt Brockmann: „Viele Gruppen kommen mittlerweile wegen des Essens.“

Absolventinnen und Absolventen von Freiwilligen Ökologischen Jahren (FÖJ) lernen in Eldagsen etwas über nachhaltiges Leben und Arbeiten, die EUZ GmbH bietet eigene Seminare an, Schulklassen kommen zu Besuch, auch private Gruppen können sich einmieten. Unter dem Dach des Haupthauses sind zudem einige Firmen ansässig, die sich allesamt im weitesten Sinn mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen. 30 Menschen arbeiten damit auf dem Gelände – etwa die Hälfte davon für den EUZ Verein und die EUZ GmbH.

Durch Mieteinnahmen und Seminargebühren finanziert sich der Verein und die GmbH – auch das sei „fast schon ein Alleinstellungsmerkmal“ für ein Umweltzentrum dieser Art, so Brockmann, „wir bekommen keine institutionelle Förderung“.

Von den EUZ-Gründerinnen und -Gründern ist niemand mehr vor Ort ständig aktiv. Walther, Schröder-Brandi und Brockmann gehören zur zweiten Generation, sind allesamt Anfang 60.

Ein Generationenwechsel stehe an, „es wird spannend, wie die nächste Generation das EUZ weiterentwickeln wird“, sagt Brockmann. „Die Gesellschaft folgt uns und unseren Gedanken“, sagt Walther, „aber langsamer als wir gedacht hatten.“ Wenn das EUZ sein 50-jähriges Bestehen feiert, werde es nicht mehr nur technologische Impulse brauchen, sondern auch psychologische: „Verhaltensänderungen brauchen ihre Zeit.“ Die, sagt Schröder-Brandi, laufe allerdings ab.

Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu beschränken, sei fast nicht mehr zu halten: „Wir müssen jetzt alle ran und was tun!“