Die mobile Holzbildhauerin

Schnitzen, wer kann das heute eigentlich noch? Im Waldkindergarten Bad Münder probieren manche Kinder unter Aufsicht aus, wie das so geht, einen Ast zu schälen, ein Ende anzuspitzen. Die Älteren schneiden auch mal einen Apfel in mundgerechte Schnitze. Und für alle Fälle sind immer Pflaster zu Hand.

VON KATHARINA WEIßLING

Bis zur Meisterschaft ist es ein langer Weg, an dessen Anfang oft kleine Verletzungen stehen. Bis zu Ende gehen ihn eher wenige. Das weiß auch Holzbildhauerin Zoe Gwiasda. Gerade hat sie das lange bestellte und sehnlichst gewünschte Waldkindergartenschild fertiggestellt und in den Wald zurückgeliefert. Bald soll es voraussichtlich direkt am Bauwagen hängen und weithin sichtbar machen, wer das wirkt.

Ein langes Eichenbrett zeigt eine Schnecke umgeben von Bäumen, das Symbol des inzwischen mehr als 20 Jahre alten Waldkindergartens. Dazu der passende Namensschriftzug. Wie das Schild einmal aussehen sollte, davon hatte Leiterin und Gründerin Beate Pohle-Kynast genaue Vorstellungen. Es zeugt auch von einer gewissen Behutsamkeit, mit der die Kinder aufwachsen. Die staunen zwar jedes Mal, wenn die großen, faszinierenden Forstfahrzeuge anrollen und sie etwas von deren Arbeit mitkriegen. Gleichzeitig erleben sie den Wechsel der Jahreszeiten, die ganze Geräuschkulisse des Waldes, auch abseits der Forstarbeiten.

„Ich habe die schönen Frühlingstage genutzt und das Schild draußen im Garten fertiggestellt“, sagt Zoe Gwiasda. Die Holzbildhauerin absolvierte erst eine dreijährige Ausbildung zur Gesellin und machte sich dann auf zu einer fünfjährigen Walz, um ihr Handwerk zu verfeinern. Ihre Wanderschaft ist beendet. Doch jetzt verfügt die Gesellin über eine Reisegewerbekarte.

Mustermappe, Werkzeug und auszuliefernde Werkstücke führt sie im Auto mit. Eine kleine Werkstatt ist in Melle eingerichtet. Doch im Prinzip kann sie arbeiten, wo es Aufträge gibt. „Viele Menschen haben keine genauen Vorstellungen mehr von Holzbildhauerei oder wenn doch, dann eher kirchlich geprägte“, erzählt sie. Sie selbst erschafft lebendig anmutende Figuren und nicht selten Schilder für Unternehmen, die auf Nachhaltigkeit setzen.

Auch Spekulatiusmodel hat sie nach alten Vorbildern, die stark abgenutzt waren, neu gefertigt für eine Bäckerei in Oberfranken. „Das ist ein schönes Gefühl, sich vorzustellen, das mit den Bildern noch Jahrzehnte weiter gearbeitet wird“, sagt die 33-Jährige.

Wo immer sie hinkommt, erfasst ihr Profiblick rasch Fachwerkverzierungen, wann immer sie Skulpturen an Häuserfassaden entdeckt, schaut sie erfreut genauer hin. In Bad Münder und Umgebung zeugen noch einige besondere Schilder oder frei stehende Skulpturen wie der Springer Ratsnachtwächter Heinerich von Zeiten, in denen etliche Holzbildhauer Arbeit fanden, zum Beispiel bei den ortsansässigen Stilmöbelfabriken.