Führerschein für Hobbyimker

Bienen sind beliebt, keine Frage. Froh werden die ersten Hummeln gesichtet. Ist es sonnig und einigermaßen warm, nehmen auch die Honigbienen langsam wieder ihre Arbeit auf. Suchen Futter.

VON KATHARINA WEIßLING

Und der eine oder andere Naturfreund kann sich gerade jetzt gut vorstellen, auch gleich einen kleinen Bienenkasten mit aufzustellen, wenn er schon mal dabei ist, den Balkon bienenfreundlich zu bepflanzen. Youtube-Videos gibt es doch zuhauf, dazu einen ganzen Bienenstock an Youtube Videos und etliche Beispiele erfolgreicher Quereinsteiger und Durchstarter in Sachen Bienenwissen, die bildreich und mitunter wortgewandt vermitteln, dass das Bienenhobby ein süßes ist.

Doch ganz so einfach ist die Sache nicht.

„Dieses Ausprobieren ohne Ahnung ist Tierquälerei“, empört sich ein berufserfahrener Imkermeister aus Bad Münder, der sich schon lange dafür einsetzt, Bienen bestmögliche Bedingungen anzubieten. „Kein Jahr ist wie das andere“ ergänzt Vera Poker. Sie ist Imkermeisterin in Brullsen.

Beide Experten in Sachen Bienen leben für und mit Bienen, verfügen über langjährige Erfahrung; haben ihr Wissen an etliche Nachwuchsimker weitergegeben. Dass auch Laien Bienen halten, finden sie grundsätzlich in Ordnung, wie und ob sie sich das nötige Wissen aneignen, sei jedoch entscheidend. Angefangen mit der Info, dass Bienen am meisten Pflege genau dann brauchen, wenn viele Menschen eigentlich in den Sommerurlaub fahren wollen. „Da gibt es nicht wenige, die dann einfach fahren, so nach dem Motto: Es sind ja nur Bienen oder die kommen schon klar“, berichten die beiden Imker.

Aus ihrer Sicht ist das nicht nur ähnlich schlimm, wie das Aussetzen unliebsamer Tiere am Straßenrand. „Mit hoher Wahrscheinlichkeit verenden die Bienen elendig oder sie tragen Krankheiten weiter, so schlecht gepflegt, wie sie sind“.

Erkannt haben dieses Problem inzwischen auch Politiker der Landesregierung. SPD und CDU-Fraktion fordern aktuell einen verpflichtenden Imkerschein für Hobbyimker. Einen Entschließungsantrag haben sie bereits zur Beratung ins Plenum eingebracht. In etwa analog zu den vorgeschriebenen Hundehalterschein. Allein: Die Legislative hat die Rechnung offenbar ohne die Exekutive gemacht. Am Laves-Bieneninstitut in Celle sorgte die Nachricht für Überraschung. „Gesellenprüfungen für Berufsimker dauern vier Tage“, vermittelt Vera Poker Gründe, warum die Umsetzung eines solchen, grundsätzlich begrüßenswerten Vorhabens nicht ohne ist. Hinzu kommt, dass auch hier das Zeitfenster, erworbenes Wissen zu zeigen, begrenzt ist.

Die Prüfungen am Bieneninstitut finden standardmäßig im Sommer statt. Ob und wann am Bieneninstitut oder andernorts noch Kapazitäten für Hobbyprüfungen sind, ist bis dato ungeklärt.

Wer beruflich imkert oder gar andere Imker ausbildet, wird in dieses Tagen scherzhaft darauf angesprochen, wann es diesen Führerschein denn nun geben soll. Und dabei geht es keineswegs nur um Bienchen, Blümchen und Tierwohlromantik, sondern mitunter um handfeste Interessen.

Im Obstanbau sind Bienen ein Wirtschaftsfaktor. Im Alten Land seien Imker für Obstbauern in etwa so wichtig wie Tierärzte für Viehhalter. Würden nun Hobbyimker in nicht geringer Zahl auch noch gut ausgebildet, könnte das Begehrlichkeiten wecken. Denn Berufsimker stellen ihre Arbeit in Rechnung, finanzieren sich nicht allein über den Honigverkauf. „Ein Freizeitimker braucht im Schnitt etwa fünf Jahre bis er sein Grundwissen einigermaßen erfolgreich und bienenfreundlich in die Tat umsetzt“, sagt Vera Poker.

Die Zeiten, in denen Bienen Futter finden, seien mit dem Klimawandel und den Veränderungen der Landschaft kürzer geworden. Dass nicht alle Bienenvölker durchkommen, ist eine traurige Erfahrung, die jeder Imker macht.

Doch was in manchen Videos dargestellt würde, findet der Berufsimker aus Bad Münder hanebüchen. „Da erzählt einer, dass man Völker, die sterben wollten, eben lassen solle“, sagt er entsetzt. Er persönlich kann sich nicht vorstellen, dass ein Bienenvolk freiwillig den Freitod wählt.

Mit größter Spannung verfolgen die beiden Bienenprofis, was die neuesten Entwicklungen und Ansinnen bringen. Fürs Erste empfehlen sie wärmstens die Imkervereine und nach Möglichkeit engen Kontakt zu wirklich guten Imkern. Auch die Profis lernten und lehrten inzwischen nicht nur direkt am Bienenstock sondern coronabedingt auch via Skype und Konsorten.