Gezielter, gesünder, regionaler

Es ist eine Welt der Gegensätze, in der Nina Hake Zuhause ist. „Ich brauche nicht viel“, beschreibt die Marktleiterin des Rewe-Supermarktes in Bad Münder ihr persönliches Einkaufsverhalten.

Bad Münder. Es ist eine Welt der Gegensätze, in der Nina Hake Zuhause ist. „Ich brauche nicht viel“, beschreibt die Marktleiterin des Rewe-Supermarktes in Bad Münder ihr persönliches Einkaufsverhalten. Auch habe sie zuletzt keinen größeren Wunsch verspürt, mehr Zeit aufs Kochen zu verwenden.

„Wenn ich den ganzen Tag das volle Sortiment sehe, reicht das schon, um mich gut versorgt zu fühlen“, erklärt sie. Zugleich hat sie wahrgenommen, wie die Warenmengen pro Einkaufswagen in den vergangenen zwölf Monaten stetig größer wurden. „Es kommen weniger Kunden pro Tag, die Umsätze aber sind gestiegen“, sagt sie. Das habe den Effekt, dass selbst zu Stoßzeiten oft ein bis zwei Kassen weniger benötigt werden, während die Packer an den Regalen alle Hände voll zu tun haben. „Da haben wir Personal aufgestockt“, berichtet die Chefin von rund 80 Mitarbeitern.

Auch was im Einkaufswagen landet, habe sich verschoben. „Die Leute kaufen gezielter, gesünder, regionaler“, fasst Nina Hake zusammen. Konserven seien vielleicht zu Anfang des ersten Lockdowns der Renner gewesen, dann habe sich das wieder normalisiert. „Was schneller rausgeht, sind Obst, Gemüse und Fleisch“, beschreibt sie die Trendwende. „Schon als ich hier angefangen habe, waren die Kunden sehr bio-affin, das hat sich deutlich verstärkt.“ Dass insgesamt weniger Schweinefleisch gekauft wird, kann sie nicht bestätigen, wohl aber, dass eher hochpreisiges, wertig vermarktetes Fleisch beliebter geworden ist.

Auch bei den Brot- und Backwaren hat sich einiges gewandelt. An den Regalen mit abgepacktem Brot tut sich weniger als bei den Grundzutaten. „Wir haben mehr Mehlsorten denn je und führen jetzt Sauerteig, wonach früher nicht einmal gefragt wurde“, beschreibt sie aus Sicht des Supermarktes den Trend zum Selberbacken in Corona-Zeiten. Dabei bekomme das Weizenmehl Typ 405 mehr und mehr Konkurrenz von Dinkel, Roggen und Vollkornsorten. „So nach dem Motto: Wenn schon backen, dann richtig; wenn schon Fleisch, dann besseres.“

Aus Nina Hakes Sicht, will auch das Sprichwort „Was der Bauer nicht kennt, das isst er nicht“ nicht mehr so recht zu ihrem Kundenstamm passen. Quinoa statt Reis? Hanfsamen zu Haferflocken? – „Da gehen Dinge, die ich selber noch nicht probiert habe“, sagt die Marktleiterin und vermutet, dass viele der genannten Veränderungen nachhaltig sind. „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier, und genug Zeit für Umstellungen hatten wir ja.“

Und doch bleibt der Mensch Mensch: Die Kühlregale vermitteln offenbar genau das passende Gefühl von Frische, wenn die Kochlust Zuhause gen null geht. Und so diszipliniert viele ihre Einkäufe planten, so groß sei die Freude, sich plötzlich unverhofft im Schnack mit Bekannten wiederzufinden. „Einkaufen ist zum sozialen Event geworden“, so Hake, die sich nicht selten den Kopf darüber zerbricht, wie zu schaffen ist, dass Mitarbeiter und Kunden einander genug Raum lassen. „Unsere Mitarbeiter haben das einfach gerockt hier.“

Mal hätten die Packer in aller Frühe angefangen, um später niemandem im Wege zu stehen. Überhaupt sei ihr Team bei Laune geblieben, auch wenn rundherum mal die Nerven blank lagen.

Aktuell freut sich Hake auf den Frühling und auf eine gelöstere Stimmung im Land und in ihrem Laden. Humorvoll kommentiert sie, dass die Radieschen, trotz Hänge-Frisur, sehr lecker und knackig seien.

„Ich hab durchaus ein Herz für Nachhaltigkeit“, sagt sie. Und sie kann der kräftezehrenden Corona-Zeit sogar noch einen Vorteil abgewinnen: „Der Krankenstand bei uns ist niedriger als im vorigen Winter“.