Auf das Schöne blicken

Von Problemen im Job über die Alltagsprobleme einer Alleinerziehenden bis hin zur Hilfestellung beim Ausfüllen von Anträgen auf Grundsicherung: Die Anliegen der Menschen, die sich an das Diakonische Beratungszentrum Bad Münder wenden, sind so vielfältig wie die Ratsuchenden selbst.

VON JANA GRUBE

Eines haben sie aber seit fast einem Jahr gemein: Corona ist mittlerweile nahezu immer Bestandteil der Gespräche – wenn auch meist nicht das Hauptthema, wie Sophie-Marie Kabuß von der allgemeinen Sozialberatung erklärt.

Egal mit welchem Problem, welcher Sorge oder Frage Betroffene die mündersche Einrichtung des Diakonischen Werkes Hameln-Pyrmont aufsuchen, hier können sie ankommen und werden gehört – „und erst dann wird geschaut, ob unser Team oder eine andere Stelle zuständig ist“, erklärt die 27-Jährige das Vorgehen. Die Sozialarbeiterin bietet gemeinsam mit drei weiteren Kolleginnen aus den Bereichen Arbeitsgelegenheiten, Schuldnerberatung und Flüchtlingssozialarbeit Hilfesuchenden eine erste Anlaufstelle. Seit einem Jahr ist sie in Bad Münder tätig. „Ich kenne hier kein Leben ohne Corona“, sagt sie. Um Betroffenen weiterhin die Unterstützung zu geben, die sie brauchen, wird der große Besprechungsraum für persönliche Beratungen unter Einhaltung der Abstands- und Hygienemaßnahmen genutzt – organisiert in einem gemeinschaftlichen Terminkalender. Denn manche Hürden wie zum Beispiel das Ausfüllen von Anträgen ließen sich nur schwer am Telefon überwinden, insbesondere wenn auch noch Sprachbarrieren hinzukämen, verdeutlicht Flüchtlings-Sozialarbeiterin Adrina Sommer.

Ob persönlich oder am Telefon: Es vergehe kein Termin, in dem die Pandemie nicht angesprochen werde. „Wir merken schon, dass vor allem da, wo die Corona-Zahlen in die Höhe schießen, mehr Gesprächsbedarf da ist“, so Kabuß. Dabei gebe es nicht die eine Frage, die am häufigsten gestellt werde. Die Sorgen und Zweifel seien ganz unterschiedlich und variierten je nach Lebenssituation. Während Senioren oftmals Angst hätten, an Covid-19 zu sterben, gebe es auch diejenigen, die das Unverständnis anderer gegenüber der eigenen Befreiung von der Maskenpflicht belaste. Junge Familien fühlten sich oftmals mit der Kinderbetreuung im Homeschooling überfordert, während der nächste befürchtet, seinen Job durch die Krise zu verlieren. „Und auch junge Menschen bringen Ängste und Gedanken dazu mit“, weiß die 31-jährige Sommer. Ein weiterer Aspekt: In Sportvereinen ruht der Betrieb, Chöre können sich nicht treffen, zwischenzeitlich hatte sogar die Tafel zu und Gottesdienste fanden nicht statt. „Viele fühlen sich einsam, ihnen fehlt die Gemeinschaft“, ergänzt Kabuß. Die Gedanken drehten sich hier vor allem um die Fragen: Wann ist es vorbei und wann kommt wieder etwas Normalität?

Corona sei allein deswegen schon ein häufiges Thema, weil die Vorschriften und deren ständige Änderungen gerade in der Anfangszeit nicht für alle verständlich gewesen seien, insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund. „Dann gab’s ein Bußgeld, weil die Maskenpflicht an der Bushaltestelle nicht eingehalten wurde“, nennt Flüchtlings-Sozialarbeiterin Sommer ein Beispiel für unwissentliches Missachten der Regeln. „Daher war es uns auch ein Anliegen, den Menschen, die mit anderen Anliegen zu uns kamen, auch diese Informationen mit auf den Weg zu geben.“ Corona habe die Nachfrage nicht gewandelt, sondern um ein weiteres Sorgen-Thema ergänzt, bestätigen die beiden Frauen. Auch die Zahl an Neuklienten sei nicht immens gestiegen. Allerdings würden die, die ohnehin schon die Beratungsangebote nutzen, jetzt häufiger kommen.

Auch die beliebten freitäglichen Frühstückstreffen in den Räumen des Beratungszentrums können nicht mehr vor Ort stattfinden. Um dennoch den Austausch zu ermöglichen, gibt es alle zwei Wochen Telefonkonferenzen (damit auch die Älteren das Angebot nutzen können), die laut Kabuß gut angenommen werden. Bis zu acht Personen – das ist mehr als die Hälfte der Präsenztreffen –nehmen daran teil. Eine Möglichkeit für viele, nochmal neue Impulse zum Beispiel für coronakonforme Aktivitäten und schöne Momente zu bekommen, sagt Kabuß. Denn gerade in diesen schwierigen Zeiten sei es wichtig, auch mal den Blickwinkel zu ändern. „Nicht nur das sehen, was nicht geht, sondern das, was geht“, so die Sozialarbeiterin. Dazu gehöre auch, die Scheu vor digitalen Möglichkeiten wie der Videotelefonie abzulegen. Helfen könne zum Beispiel auch das Führen eines Tagebuchs, in dem die schönen und positiven Ereignisse des Tages festgehalten werden.Und sind die Ängste zu groß, rät sie, zu versuchen, Hilfestellungen anzunehmen. „Den Mut zu haben, sich Hilfe zu suchen und eine Beratung in Anspruch zu nehmen, ist auch immer eine Chance“, ergänzt ihre Kollegin Sommer. Zudem sensibilisieren die beiden, darauf zu achten, wie es anderen Menschen im eigenen Umfeld geht und gegebenenfalls Unterstützung anzubieten.

Wer Fragen hat oder einen Termin wünscht, erreicht das Team des Diakonischen Beratungszentrums Bad Münder montags bis freitags von 8 bis 15 Uhr unter 05042 / 50 34 90.