Jeder allein und doch gemeinsam

Sie singen wieder, die Frauen und Männer der Chor-Gemeinschaft Eimbeckhausen (CGE). Zumindest ein Teil von ihnen. Seit anderthalb Wochen treffen sich Mitglieder des „Sing & Swing“-Chores dienstags in drei aufeinanderfolgenden Gruppen zum Online-Übungsabend.

Man müsse sich kümmern und etwas anbieten: Das waren die Worte des CGE-Vorsitzenden Hans-Jürgen Fries im September, als die Sänger ihre Proben nach draußen verlegt hatten – „bis es irgendwann zu dunkel und kalt wurde“. Jetzt, im erneuten Lockdown, ließ er seinen Worten Taten folgen. Denn: „Es ist wirklich traurig, dass überhaupt keiner mehr singt, es geht zurzeit ein Teil Kultur verloren, ein Stück Freude am Leben“, bedauert der 71-Jährige. Der letzte offizielle Auftritt, gemeinsam mit dem Chor der örtlichen Grundschule, liegt nun schon fast ein Jahr zurück. Der letzte reguläre Übungsabend fand am 10. März 2020 statt.

Aber Trübsalblasen kommt für den Eimbeckhäuser nicht infrage. Und deswegen plante er gemeinsam mit Maria Amberg um. Die Chorleiterin kümmerte sich um die Einrichtung auf der Online-Plattform Zoom und das Verschicken der Einladungen mit dem Link zum Meeting. Den Anfang machen die Sopranisten um 18 Uhr, gefolgt von den Altstimmen. In der letzten Gruppe gehen Bass und Tenor online. Gleich mehr als die Hälfte der insgesamt 40 Sänger des großen „Sing & Swing“-Chors nahm zum Auftakt das Angebot an. Wenn Chorleiterin Amberg sich ans Klavier setzt und zu spielen beginnt, werden die Mikrofone stumm geschaltet und jeder Teilnehmer singt für sich allein mit. „Sonst wäre es ein Kuddelmuddel“, lacht Fries. Dieses sei jedoch zu Beginn und zum Ende gestattet – und ausdrücklich gewollt.

„Es waren alle happy – das hat man gemerkt, als man sich eingeloggt hat: Alle waren am Brabbeln“, so Fries. Und genau darum gehe es auch: Sich sehen, austauschen, Spaß haben und gemeinsam singen. Schließlich mussten neben den Gesangsstunden auch alle Feste und Fahrten und damit auch das Beisammen ausfallen. Selbst das traditionelle Adventskonzert, auf dem im Herbst noch Fries‘ Hoffnungen gelegen hatten, konnte wegen der erneut verschärften Corona-Maßnahmen nicht stattfinden.

Dass das Bildschirmformat einen klassischen Übungsabend nicht ersetzen könne, sei allen bewusst, so Fries. Daher studieren die Sänger auch keine neuen Stücke ein. Stattdessen besinnen sie sich auf bekannte Oldies aus den 60er- und 70er-Jahren wie „Oh Happy Day“, „California Dreamin‘“ und „We Are The Champions“, die vor allem eines machen: gute Laune. „Das ist immer das Wichtigste: die Freude am Singen“, betont der Vereinschef.

Einziger Wermutstropfen: Das digitale Singen erreicht nur die jüngeren und internetaffinen Mitglieder. Im Traditionschor zum Beispiel liege das Durchschnittsalter bei rund 80 Jahren. „Da funktioniert das nicht“, so Fries. Weiter gedulden müssen sich auch die Sänger des Shanty- Chores, die früher immer im Restaurant Metaxa gesungen und mittlerweile – mit einer Ausnahme – seit vergangenem März nicht mehr geprobt haben.

Sorgen zum Fortbestand der Chorgemeinschaft, insbesondere der zum Pausieren gezwungenen Gruppen macht sich der Vorsitzende aber nicht. Zum einen gibt es keine einzige Kündigungen – das Gegenteil ist sogar der Fall: „Wir bekommen noch neue dazu“, freut sich Fries. Zum anderen „stehen alle Gewehr bei Fuß und warten darauf, dass es weitergeht, dass sie wieder raus kommen, ihre Freunde sehen, sich austauschen und gemeinsam singen können“.