2020 – ein besonderer Advent

Advent und Weihnachten in diesem Jahr zu begehen mag bei manchen Menschen ein ungutes Gefühl hervorrufen. Pastorin Barbara Daentzer hat dafür Verständnis – und Vorschläge, wie man trotz aller Widrigkeiten den Kopf oben behält.

Horst Voigtmann, Mitarbeiter der „hallo Wochenende“, hat mit ihr gesprochen.

Was sagen Sie denn Menschen, die mit Besorgnis auf die Advents- und Weihnachtszeit blicken?

Die Aussicht, sich nur mit wenigen Menschen treffen zu dürfen und auf manch lieb gewordene Traditionen wie den Besuch des Weihnachtsmarktes oder eines festlichen Konzertes verzichten zu müssen, bereitet auch mir Unbehagen.

Was wäre denn eine Lösung in dieser Situation?

Wir müssen das aus einer kreativen Perspektive betrachten. Oder sollen wir einfach sagen: Weihnachten fällt aus? Nein, das wäre für mich keine Lösung! Stattdessen überlege ich, wie trotz der Beschränkungen eine erwartungsvolle, frohe Stimmung gelingen kann. Ich überlege, was mir an den Ritualen zurückliegender Jahre nicht gefallen, sondern Stress bereitet hat. Vielleicht kann die Aussicht, nicht für 20 Personen kochen zu müssen, mich sogar ein wenig befreien. Advent und Weihnachten sind eigentlich Zeiten der Entschleunigung, der Freude und der Besinnung auf das Wesentliche. Mir bleibt auch mancher Termin erspart.

Es gibt aber sicher auch Dinge, die Sie vermissen?

Natürlich. Die Adventskonzerte des Knabenchores Hannover, in dem unsere Söhne mitsingen, waren für meinen Mann und mich immer ein besonderes Ereignis. Ob die in diesem Jahr überhaupt stattfinden? Doch liegt darin vielleicht die Chance, sich stimmungsvoller Musik im Radio oder von CD zu widmen, statt diese nur als Hintergrundbeschallung laufen zu lassen. Aber auch selbst in den eigenen vier Wänden mal wieder zu singen oder zu musizieren, nehme ich mir vor. Da muss nicht jeder Ton getroffen werden! Vielleicht mag der eine oder die andere die Idee übernehmen. Ich kann mir vorstellen, dass es eine schöne Überraschung wäre, wenn man das dann mit dem Handy aufnimmt und an die Lieben in der Ferne weiterleitet.

Verändert sich bei Ihnen zuhause auch die Wohnung in der Advents- und Weihnachtszeit?

Seit wir Kinder haben, ja: Genügte mir früher ein Weihnachtsstern im Wohnzimmer als Dekoration, schmücken wir nun deutlich üppiger. Lichterketten und Kerzen. Ich brauche es hell und gemütlich. Nicht grell und schrill, nicht zu bunt, aber dieses Jahr umso mehr doch als sichtbares Zeichen: Wir befinden uns nicht nur im dunklen Corona-Tal, sondern auf dem Weg, auf dem es Schritt für Schritt immer heller und besser wird. Es gibt Hoffnung für uns, für die Welt. Das soll sichtbar werden.

Und wenn Sie sich in der Familie zusammensetzen?

Dann werden wir gemeinsam lesen. Es mag sich mit jüngeren Kindern eher ergeben. Aber ich werde auf jeden Fall wieder das 2010 erschienene Buch „24 Vorlesegeschichten zum Advent“ hervorholen und unsere Jungen zum gemeinsamen Lesen einladen. Vielleicht können die auch mal meinem Mann und mir etwas vorlesen. Wir kennen zwar die Geschichten schon, aber ich bin sicher, dass wir wieder an denselben Stellen lachen werden wie sonst. Lachen ist wichtig, tut gut, befreit und lässt manches Nervige für einen Moment zurücktreten. Und ich werde mir auch die Zeit nehmen, die hervorragend gezeichneten Bilderbücher von Astrid Lindgren und dem Zeichner Harald Wiberg über den Fuchs und den Hausgeist Tomte Tummetott durchzublättern. Ich bin sicher, fast jeder hat solch ein Lieblingsbuch.

Und wie halten Sie Kontakt zu den Menschen, die Ihnen auch wichtig sind?

Mit Telefonieren und Briefeschreiben. Bloß weil wir nicht alle leibhaftig treffen dürfen, kann der Kontakt ja dennoch bestehen.

Gibt es Programmpunkte für die Festtage, abgesehen von den Gottesdiensten?

Ich freue mich auch auf Spaziergänge in der herbstlich-winterlichen Natur.

Und danach Kekse essen, etwas Warmes trinken – das tut der Seele gut. Vielleicht verbinde ich einen Spaziergang damit, jemand eine Adventstüte vor die Tür zu stellen als Zeichen dafür, dass ich an ihn oder sie gedacht habe. Es gibt ja auch viele Menschen unter uns, die keine Angehörigen und keine Person haben, mit der sie sich austauschen können. Auf jeden Fall kann ich als Pastorin dazu ermuntern, bei mir, meinen Kolleginnen oder Kollegen anzurufen. Wir haben ein offenes Ohr für jene, die sich in dieser Zeit besonders einsam fühlen. Sprechen Sie uns gerne nach den Andachten und Gottesdiensten an, die ja immer dazu einladen, inne zu halten und Kraft zu schöpfen.