Schmerzhafte Kulturpause

Für die Kulturschaffenden zwischen Deister und Süntel ist die Corona-Zeit eine Herausforderung. Nicht etwa, dass besondere Aktivitäten auf sie warten, sondern sie müssen feststellen, dass geplante Veranstaltungen abgesagt werden müssen und das tut weh.

Ernst Kirchertz hat es sich in der Sitzgruppe zwischen seinem Wohnhaus und dem Kulturhaus Schaafstall bequem gemacht. In dieser Zeit, so erzählt er, gebe es viel Kontakt mit Kollegen in der Region, die wie er Veranstaltungen planen.

Alle seien dabei, zu überlegen, was getan werden könnte. Aber alle Mitstreiter in Völksen, Springe, Bad Münder oder eben in Egestorf verbindet eine Sache: Sie können in den meisten Fällen nur mit trauriger Miene ihr Programm betrachten, das sie sich für 2020 vorgenommen hatten.

Ist es realistisch zu hoffen, dass es im Juli weitergeht? Geplant war im Schaafstall ein Konzert mit Akkordeon und Kontrabass, mit Werken unter anderem von Giovanni Bottesini, Jacques Brel, Astor Piazolla, Dimitri Chostakovitch. Ehrlich muss man sagen: nahezu ausgeschlossen!

Auch später im Jahr werden die musikalischen Spezialitäten den Coronafolgen und möglichen Auflagen zum Opfer fallen. Dabei hatte der mündersche Bürgermeister Hartmut Büttner sogar angeboten, Veranstaltungen, allerdings mit eingeschränkter Besucherzahl, in den Martin-Schmidt-Konzertsaal zu verlegen.

Als Kirchertz allerdings hörte, dass dann nach aktuellen Regeln nur 55 Personen im Saal Platz nehmen dürften, zerplatzte die schöne Seifenblase, denn zu Veranstaltungen dieser Art erwartet er 100 bis 120 Gäste.

Auch der im November geplante musikalisch illustrierte Abend „Was glaubst Du denn?“ mit Schauspieler Dominik Maringer und dem CrossNova Ensemble wird wohl kaum stattfinden. Nicht nur für die Veranstalter, sondern auch für die Künstler ist das schlimm, weil sie auf die Gagen aus den Veranstaltungen angewiesen sind.

An diesem Nachmittag bekommt Ernst Kirchertz von dem jungen chinesischen Pianisten Haiou Zhang Besuch, der sich darauf freut, endlich mal wieder seine enge Wohnung in Hannover verlassen zu können.

Er hat von neun Jahren sein Studium in Hannover abgeschlossen und lebt inzwischen 18 Jahre in Deutschland.

„Ich hatte pro Jahr um die 60 Konzerte. Jetzt sind Konzerte in Deutschland und im Ausland verlegt oder auch ganz abgesagt“, erzählt er.

Er habe die Zeit genutzt, neue Stücke einzustudieren. Außerdem habe er sich mit seiner Aufgabe als Direktor des Internationalen Musikfestivals in Buxtehude befasst. Inzwischen habe er eine weitere Leitungsaufgabe für das Öschberghof-Klassik-Festival in Donaueschingen übernommen. Aber dennoch: Die Konzerte fehlen ihm, die Liveauftritte, die Begegnungen mit den Konzertbesuchern und vermutlich auch der Applaus.

Gerne setzt sich Zhang an den Flügel im Schaafstall in Egestorf, macht ein paar Fingerübungen und spielt dann, ohne ein Notenblatt vor sich zu haben, eines der Klavierkonzerte von Ludwig van Beethoven, der vor 250 Jahren geboren wurde. Die vier Zuhörer, die der Musik Haiou Zhangs lauschen, genießen dieses Sonderkonzert und geben ihren zarten, aber von Herzen kommenden Applaus.