Sauerteigpflege und Klebeteige

Manche Bäcker lieben das Kneten, manche ritzen mit Hingabe ihre Initialen in Brote, die sie kurz darauf in den Backofen schieben. Sogar Kreationen in Blumenform gibt es. „Ich mag Brot so natürlich wie es nur sein kann“, beschreibt Kasia Nieradzik aus Hachmühlen ihre Linie.

Und doch huscht ein Lächeln über das Gesicht der Hobbybäckerin, wenn ihre Söhne die Küche stürmen. Genau dann, wenn sie Korn in den Trichter schütter und die Holzmühle anstellt.

„Die stippen ihre Zeigefinger ins Mehl und probieren, weil sie finden, dass es gut riecht und sie den puren Geschmack so mögen“, sagt sie. Seit etwa sieben Jahren hat Kasia Nieradzik kaum ein Brot gekauft, sondern sich stattdessen tief eingefuchst in die Kunst des Brotbackens. „Als ich zum ersten Mal schwanger war, habe ich viel über Ernährung gelesen; dabei hat mich kalt erwischt, das Brot zu den Produkten gehört, an denen industriell am meisten herummanipuliert wird.“ Enzyme, die Teige schneller aufgehen lassen, Zusatzstoffe, die längere Haltbarkeit ermöglichen, solche Dinge meint sie damit.

„Wenn ich heute in der Küche stehe und das mache, habe ich das schöne Gefühl, damit etwas Gutes für meine Familie zu tun“, sagt die 37-Jährige. Außerdem baue sie Stress ab während des Backens, lasse ihre Arbeitswoche, bestimmt von Vertrieb und Marketing hinter sich.

Bis zu vier Kilogramm Mehl verarbeitet Kasia Nieradzik in einer Woche. Nicht auf die Schnelle, sondern mit vielen kleinen Schritten über einen langen Zeitraum hinweg. „Manche Teige lasse ich 40 Stunden im Kühlschrank gehen“, verrät sie. So bedürfe es weniger Triebmittel, das Ergebnis aber würde umso leckerer. „Ich benutze sowohl Sauerteig als auch Hefe, hatte aber auch schon Zeiten, in denen ich am liebsten alles hingeschmissen und den Sauerteig in die Ecke gepfeffert hätte, weil Brote nichts geworden sind.“ Mehr lesen schuf Abhilfe. Mehr Geduld führte zu besserem Gelingen und mehr Experimente erweiterten die Liste der Lieblingsbrote.

„Mich haben die Bücher von Lutz Geissler um einige Tricks und Kniffe schlauer gemacht“, sagt sie. So habe sie erfahren, was ihrem Sauerteig gefehlt habe oder mit welcher Technik große Luftblasen im Brot noch rechtzeitig entweichen kann.

„Zu einem Seminar würde ich immer noch gerne gehen.“ In der Zwischenzeit notiert sie nicht nur genaue Pläne für die Brote, die sie meistens am Wochenende backt und teilweise einfriert, sie ersinnt auch immer wieder neue Varianten. Mal landen gekochte Kartoffeln im Teig, mal neue Saaten obenauf.

Grundzutaten sind Mehl, Wasser, nach Belieben Hefe oder Sauerteig, immer Liebe. „Mehr braucht es nicht“, sagt Kasia Nieradzik mit einem Lächeln.

Dabei verarbeitet sie Roggen und Dinkel in Bioqualität, säckeweise. Die Mahlgrade bestimmen darüber, welche Familienmitglieder sich am meisten freuen beim genussvollen Reinbeißen. „Die Kinder lieben helle Brötchen, ich mag am liebsten Vollkornbrot“, sagt Nieradzik.

Der Geschmack ihrer eigenen Kindheit in Polen war von Weißbrot geprägt. Doch dass auch ihre Mutter sich über Kasias Sauerteigbrote freut, ist kein Zufall.

„In Polen wird viel eingelegt oder fermentiert, zum Beispiel gibt es eine Suppe aus Roggenmehl, deren Ansatz man eine ganze Woche stehen lässt“, beschreibt sie.

Dass ihre Brote anders schmecken als solche aus dem Supermarkt, erklärt sie unter anderem damit, dass Roggenteige äußerst klebrig geraten können. „Das ist nichts für die Maschinen und es dauert auch zu lang, um wirtschaftlich zu sein“, bemerkt sie.

Für ihre Familie habe sich der Weg gelohnt. „Die Jungs wachsen mit diesem Geschmack auf und helfen gerne mit. Mein Mann hat bessere Leberwerte und wir fühlen uns satt und fit, wenn wir das im Bauch haben.“