Selber machen, draußen sein

VON KATHARINA WEIßLING

Klein Süntel. Was tun, wenn die Tage lang, das Kind putzmunter und zuhause ist? Aktuell ist das Leben als Einzelkind kein Ponyhof. Ein Hongischlecken kann es trotzdem sein, zumindest für den fünfjährigen Leo Higgins. Er lebt gerade weitgehend abgeschirmt von anderen Kindern. Seine Eltern wollen ihn vor Infektionsrisiken schützen. „Kein Kind, kein Kegel“, lautet die Ausnahme-Formel seiner Oma. Soll heißen: Spiel- und andere Besuche sind fürs erste eingestellt.

„Leo vermisst seinen Kindergarten schon sehr“, sagt seine Mutter, Esther Higgins. Trotzdem komme er ganz gut mit der Situation klar. Die Welt, in der Leo sich bewegt, ist dem kleinen Jungen nicht nur gut bekannt, sondern auch ziemlich vielfältig. Neben seinen Eltern sind Oma, Tante, Onkel und Cousine feste Bezugspersonen. Draußen sein ist für Leo genau so normal wie für die ganze Großfamilie um ihn herum. Jeden Tag gibt es Neues zu tun. In den Fischteichen der Familie geht das Leben weiter. Die Wege dazwischen nutzt Leo als Straßen für seine Autos. Außerdem sind da die Bienen, nach denen die Imkerfamilie schaut. Leo habe schon jetzt ein gutes Gefühl für die Insekten. Wenn seine Mutter die Waben überprüft, oder seine Oma Rähmchen aus den Kästen zieht, um sie später auszukochen, kommt er mit. Der Kindergarten ist gerade gefühlt weit weg.

Doch wie die Brote verpackt werden, wenn das gewohnte Leben wieder losgehen soll, weiß Esther Higgins schon jetzt. Bienenwachsbeschichtete Baumwolltücher sind bereits in der Mache. An Wochenenden, an denen weder Märkte zu beschicken noch Marmeladen einzukochen sind, nehmen sich die 32-Jährige und ihre Mutter, Sabine Bittner, Projekte wie dieses vor. „Mit dem Deckelwachs der Waben haben wir den idealen Rohstoff schon hier“, sagt Sabine Bittner. Das weiße bis gelbliche Wachs wird entnommen, um an den Honig zu kommen. Gefiltert eignet es sich für die Herstellung von Kosmetika, praktisch will Esther Higgins damit Plastikmüll sparen.

Die bunten, anschmiegsamen Tücher ersetzen Frischhaltefolie, um Schüsseln abzudecken. Auch Brote halten sie frisch. Bienenwachs weist nicht nur Wasser ab, es wirkt auch antibakteriell. Darum eignen sich die abwaschbaren Tücher für lange Nutzung. Sind Wachs und Honig getrennt, ist die Weiterverarbeitung zu „Frischhaltetüchern“ einfach. „Das haben wir sogar schon beim Elternabend im Kindergarten gemacht,“ berichtet Higgins. Mit einer Zickzackschere schneidet sie hundertprozentige Baumwolltücher zurecht. Dann legt sie diese auf Backpapier, verteilt kleine Bröckchen Bruchwachs darauf und legt eine weitere Backpapierschicht obenauf. Mit dem Bügeleisen verteilt sie das erwärmte Wachs, bis eine feine Schicht den Stoff umhüllt. Aufhängen, trocknen lassen, fertig.

Leos kleine Hände sind hier nicht im Spiel. Gleichwohl kriegt der Fünfjährige mit, was wie entsteht. Und wenn er zuhört und nachfragt auch, welche Gedanken sich die Großen so machen. Bis zur Marmeladenzeit lässt sich manches überbrücken und vieles anpacken.