Land ist Land

VON KATHARINA WEIßLING

Böbber So irreführend sein Name auch ist, der sanft geschwungene Eilenberg, zwischen Bad Münder, Nettelrede und Böbber gelegen, hat schon so manches erlebt. In seinen Quellwässern leben Bachflohkrebse, die den Forellen am Fuße des Hügels eine zartrosa Farbe verleihen. Über seinem Hang steigen Modellflugzeuge in die Höhe, nahebei wächst Streuobst. Vor allem aber ist da sehr viel Land, Ackerland.

Und gerade jetzt steht ein Schaufelbagger einsam in der Gegend herum.

Noch viel deutlicher als Dutzende leerer Weinbergschneckenhäuser und etliche Rehe, die verdattert Ausschau hielten nach Bäumen, die früher Schutz gaben, verweist das landwirtschaftliche Gerät auf eine tiefgreifende Änderung am Eilenberg. Bis vor wenigen Monaten standen dort Fichten und ein paar Tannen. Eine Schonung, deren Flachwurzler längst dem Weihnachtsbaumstadium entwachsen waren. An der sich schon Borkenkäfer erfreuten und sattfraßen.

Keineswegs eine Ernte, die noch hohe Erträge versprochen hätte. „Das lagert alles hier und geht später in die Biogasanlage“, sagt der Bennigser Christian Grobe, dessen Firma 4,8 Hektar Wald wieder in Flachland zurückversetzte. Stamm für Stamm. In einer Welt, die lautstark den Wert von Wäldern betont erscheint dies als Rückschritt. Doch die ökologische Perspektive drückt sich noch lange nicht in Zahlen aus, mit denen sich wirtschaften lässt.

Der Eigentümer des 4,8 Hektar großen Areals, hatte kein Interesse mehr an der Eigenbewirtschaftung des Landes, sein Lebensmittelpunkt ist außerhalb der ländlich geprägten Kurstadt im Weserbergland. Die Nachfrage nach Acker aber steigt. Erdbeerbauern zahlen höhere Pachtpreise als solche, die auf andere Feldfrüchte spezialisiert sind. Straßenbau und Windparks verkleinern den Kuchen verfügbaren Landes weiter, führt Grobe aus, der selbst einen landwirtschaftlichen Hintergrund hat.

So erklärt sich, was passiert, was häufig geschieht, wenn landwirtschaftliche Flächen zum Verkauf stehen. Statt wegzugehen, wie warme Semmeln, arbeiten Landwirte aus der Umgebung sich langsam heran. Stellen zunächst fest, welche Haken, die Fläche ausweist. Die Baumstümpfe, die noch im Boden stecken, bräuchten Jahre um zu verrotten. Ganz oben war mal eine Mülldeponie – und überhaupt sei der Preis zu hoch, ist aus diesen Kreisen zu vernehmen. Stünden die Bäume noch, wäre wohl vor allem vom Borkenkäfer die Rede. Nicht einfach so, hat der Eigentümer eine fünfstellige Summe investiert um das Land attraktiver, die Braut hübscher zu machen.

„Land ist Land“, betont Lohnunternehmer Grobe, warum in Sachen Ackerland langer Atem logisch ist. Auch er selbst hatte überlegt, die Fläche zu kaufen. Ein Landwirt aus der Umgebung sah schon einen so genannten Hutewald vor sich, in dem alte Schweine- oder Rinderrassen sich frei hätten bewegen können.

Der Umweltschützer und Waldexperte Michael Meier beklagt, dass es allen Bekundungen zum Trotz noch keine Strategien der öffentlichen Hand gebe, Flächen dieser Art aufzukaufen und ökologisch aufzuwerten. Weil die ehemalige Schonung noch als Ackerland gilt, hätte auch kein anderer Schutzmechanismus gegriffen. Eine Realität fernab längst formulierter Klimaziele, wonach zwei Prozent der deutschen Gesamtfläche zu urwaldähnlichen Naturschutzgebieten werden sollen.