Himmlisches Werkstättenhaus

VON KATHARINA WEIßLING

Bad Münder. „Da sitzen die Englein an langen Tischen, ab und zu Feen dazwischen, die den kleinsten zeigen, wie’s zu machen“, heißt es in einem alten Weihnachtsgedicht um 1900. Stand heute scheint die himmlische Werkstatt eine würdige Filiale in Bad Münder eröffnet zu haben. Denn auch in der Deister-Weser-Kliniken-Kinderbetreuung entstehen niedlichste Dinge, die direkt ins Herz treffen. Was in den beiden Häusern diese und vorige Woche Freitag zu erstehen war, präsentiert sich moderner als die Schnitz- und Schneiderwerke aus „Sankt Niklas Auszug“. Einhörner und andere Zeitgeisterscheinungen wie die Minions haben Spuren hinterlassen. Gleichwohl landen die schönen Dinge treffsicher dort, wo sie von Nutzen sind: Sie zaubern ein Lächeln in große wie kleine Gesichter. Und zwar inmitten des Klinik- und Rehabetriebs der Kurstadt.

Zum Konzept gehört noch eine weitere Dimension praktischer Nächstenliebe: „Keine festen Preise. Jeder gibt, was er mag“, steht in großen bunten Lettern auf einem Plakat im Haus Weser. Auf einem anderen Plakat „Wir spenden für einen guten Zweck“. Es funktioniert. Mal konnte sich die Tafel über eine Spende freuen, mal profitierte das Hospiz vom Erlös der Bastelarbeiten. An wen das Nikolauspräsent des insgesamt achten Weihnachtsbasars geht, ist noch nicht heraus.

Auf den Tischen liegen handbemalte Taschen, eine gebastelte Krippe aus Papier und mit Liebe Gebackenes. Die großen Cookies schmecken (erprobtermaßen) himmlisch. Manche von ihnen tragen Hinweise wie: „Bei mir hast Du immer ein Plätzchen“ auf der Verpackung. Weil auch Bücher „Kekse für die Seele“ sein sollen, bieten die Kinder auch Lesezeichen feil. Mal knallbunt und angelehnt an die Helden des aktuellen Kinderkinos, mal mit Sprüchen wie „Ein Lächeln ist ein Geschenk, das sich jeder leisten kann“.

Erzieherin Kirstin Siegmund hat gerade zu wenig Hände für die vielen Brotpapiersterne, die sie auf Wunsch ihrer Schützlinge unbedingt noch mit Bändern versehen soll (jetzt sofort natürlich). Noch während sie werkelt, empfiehlt sie ihre Favoriten unter den Geschenken: Die Streichholzschachtel-Adventskalender. In einer Version enthalten sie 24 Smarties, in einer anderen Kärtchen mit Vorschlägen wie: „Mach mal einen extralangen Mittagsschlaf“, „Trag heute etwas buntes und zeige der Welt Deine Farben“ oder auch „Koche eine Extraportion und lade jemanden zum Essen ein“.

Das Team der Kinderbetreuung hat sichtlich Freude an den Dingen, die teilweise im Sommer entstanden sind von fröhlich bastelnden Kindern, die längst weitergezogen sind. – nach Hause, in einen hoffentlich funktionierenden Alltag.

Oben am Deisterhang treffen bis zu 15 Kinder aufeinander, die ihre gesundheitlich angeschlagenen Mütter oder Väter zur Kur begleiten. „Unsere Aufgabe ist es, ihnen hier einen fröhlich-unbeschwerten, normalen Alltag zu ermöglichen“, betont Leiterin Sarah Wegener. Fern der Heimat zwar, ansonsten aber mit so ziemlich allem versehen, was andere Kinder auch beschäftigt. Die Älteren besuchen die Schule in der Stadt, erledigen danach ihre Hausaufgaben in der Betreuung. Die kleineren dürfen den ganzen Tag lange toben, spielen, quatschen. „Über Probleme der Eltern sprechen wir genau dann, wenn die Kinder damit zu uns kommen“, sagt Wegener, „ dann fangen wir das auf“.

Eine Stärke des Erzieherinnenteams ist emotionale Stabilität. Noch vielmehr aber beherrschen die Frauen die Kunst, den Blick auf die schönen Seiten des Lebens zu richten, ohne die Schattenseiten zu negieren. Die Kinder basteln für sich, für ihre direkten Angehörigen, ganz gezielt aber auch für die Menschen um sie herum. „Unsere Kinder wissen ja, dass sie in einem Haus sind, in dem kranke Menschen leben,“ bemerkt Wegener dazu.

Der Nikolaus selbst hat im Fall dieser Geschenke einmal so gar nichts zu tun. Zusammen mit ihren Feen erfüllen diese Engel ihre persönliche Weihnachtsmission 2019 aufs fröhlichste aus eigener Kraft heraus.