Außer küssen ist alles erlaubt

VON ANNE BRINKMANN-THIES

Springe. Einen Schornsteinfeger zu berühren – das bringt Glück, heißt es. Und Glück bringt Ronja Warschburger den Menschen gerne. „Die Leute dürfen mich gerne anfassen, alles außer küssen ist erlaubt“, sagt die 32-jährige Gesellin, die bei Sirko Weber angestellt ist und in Teilen von Springe ebenso kehrt und misst wie in Bennigsen, Völksen und Alvesrode.

Für Warschburger ist der Beruf des Schornsteinfegers ein Traum: „Es ist unglaublich abwechselungsreich“, sagt die junge Mutter. Sie muss sich nicht nur gut auskennen mit allen Heizungs-, Abgas- und Lüftungsanlagen, sie sorgt auch dafür, dass alles nach bau- und umweltschutzrechtlichen Vorgaben errichtet ist, reinigt Feuerungsanlagen und entfernt Ablagerungen aus Lüftungsanlagen. Zudem sei ein Schornsteinfeger auch ein Berater in Sachen Energieeffizienz, Brand- und auch Klimaschutz.

„Und ich habe viel mit den Menschen zu tun, das ist toll“, sagt Warschburger. Und weil sie diesen Beruf als Berufung ansieht, will die Gesellin auch ihren Meister machen. Dass sie und ihre Kollegen gerade zum Jahresende als Glücksbringer wahrgenommen werden, freut Warschburger. „Am Freitag, den 13. Dezember, war ich mit Kollegen auf einem Weihnachtsmarkt in Hannover unterwegs, um ihnen Glück zu bringen“, erzählt sie. Ihr ganz persönliches glückliches Erlebnis war ihre Hochzeit in diesem Jahr. „Und meine Kollegen haben Spalier gestanden“, erzählt sie. Doch woher kommt eigentlich der Glaube daran, dass der Ruß des Schornsteinfegers anderen Menschen Glück bringt?

Bereits im Mittelalter war es vorgeschrieben, dass die Bürger ihre Schornsteine regelmäßig reinigen lassen mussten. Und weil ungereinigte Kamine in den damals noch oft strohdachgedeckten Häusern oft zu Bränden führten, hatten diejenigen Hausbesitzer, deren Häuser nicht abbrannten, weil die Kamine gekehrt waren, eben Glück.

Dem Schornsteinfeger, der wegen seiner schwarzen Kleidung an den Teufel erinnere, wurde zudem die Fähigkeit zugeschrieben, den Teufel selbst oder – mit dessen Hilfe – andere Geister zu bannen. Seither gilt er als Glücksbringer und der Ruß in seinem Gesicht oder an der Kleidung als besonderer Schutz gegen Gefahren oder vor Krankheiten.

Die besondere Rolle der Schornsteinfeger als Glücksbringer zum Jahreswechsel soll daher rühren, dass er früher als Erster im neuen Jahr vor der Tür stand, um Neujahrswünsche – und um seine Rechnung zu präsentieren.

War der Schornsteinfegerberuf lange fest in männlicher Hand, so ist hier eine Kehrtwende eingetreten. „Die Frauen sind auf dem Vormarsch“, freut sich Warschburger. Toll für sie als Mutter sei an diesem Beruf im übrigen auch, dass sie die Termine mit den Kunden ganz flexibel abstimmen kann – davon profitieren alle.