Weihnachten im Hospiz

In einem Chanson, den Klaus Hoffmann 1976 erstmals sang, heißt es: „Adieu, Emile, ich sterbe nun, es ist schwer, wenn man im Frühling stirbt…“. Aber ist es nicht noch schwerer, wenn man in der Advents- und Weihnachtszeit auf der letzten Strecke seines Lebens ist?

Stephanie Kaiser, seit etwa acht Jahren mit dem Hospiz in Bad Münder verbunden und seit drei Jahren dessen Leiterin, schüttelt den Kopf. Es sei zu jeder Zeit schwer, auf die letzte Etappe zu gehen. Dabei sei es nicht selten, sagt sie, dass in dieser Phase des Lebens Zielpunkte fixiert werden, die man gern noch erleben möchte. Ob es nun die Hochzeit, die Konfirmation eines Familienmitglieds ist oder eben das Weihnachtsfest. „Wenn jemand im Sterben liegt, sucht er nach einem Grund, warum es für ihn gerade in dieser Zeit schwer ist, loszulassen.“

Gelegentlich bietet Stephanie Kaiser dann an, einen Geburtstag oder einen Festtag vorzuverlegen, um den Druck aus der Situation herauszunehmen. Aber das geht natürlich nicht bei allen Terminen.

Im Advent ist das Wohnzimmer für die Gäste des Hospizes, in dem man sich zum Essen oder auch zu anderen Anlässen trifft, entsprechend der Jahreszeit geschmückt. Neben dem Klavier ist eine Krippe aufgebaut und eine Bodenvase mit einer Tanne geschmückt.

Im Eingangsbereich wird in einem antiken Schrank weihnachtlicher Schmuck angeboten. Besucher des Hauses könne sich etwas davon mitnehmen und damit der Einrichtung helfen, die Kosten zu decken, von denen 95 Prozent von den Krankenkassen getragen werden.

Die restlichen fünf Prozent müssen durch Spenden aufgefangen werden. Da kommen Freunde der Einrichtung ins Spiel, die mit Bastelarbeiten, die zum Kauf angeboten werden, oder mit Geldspenden die Arbeit des Hospizes ganz individuell fördern. Darum müssen sich die Gäste, die hier auf der letzten Wegstrecke begleitet werden, nicht kümmern.

Heute kommt Besuch ins Haus. Musikschulleiter Lei Zhang hat sich angesagt, um mit den Gästen des Hospizes und dem Pflegepersonal gemeinsam Advents- und Weihnachtslieder zu singen. Die Vorfreude ist groß. Und dann ist er da. Holt aus seiner Tasche einen großen Tablet-Computer hervor, auf dem so ziemlich alle Noten von Weihnachtsliedern abgespeichert sind. Und dann wird gesungen. Erst zaghaft, dann immer kräftiger. „Sie dürfen sich auch etwas wünschen“, sagt Lei Zhang. Etwas Modernes soll es sein. Der Musiker hat sofort eine Lösung und spielt, was in unsere Zeit passt. Als keine weitere Vorschläge kommen, bedient er sich der klassischen Musik und spielt Töne zum Träumen.

Dabei hat er aufmerksame Zuhörer, die es offensichtlich zu schätzen wissen, dass da jemand für sie Musik macht. Im Hospiz ist Zeit, Zeit für besondere Wünsche. Auch das Pflegepersonal ist nicht getrieben von den vielen Aufgaben, die im Krankenhaus auf Pflegekräfte warten. Hier ist der Fokus darauf, sich um die Gäste am Ende ihrer Wegstrecke zu kümmern, ihnen Wünsche zu erfüllen, auch, wenn sie nicht mehr viele haben.

Stephanie Kaiser erzählt von einer Pflegekraft, die sich auf eine Stelle im Hospiz beworben hat. „Ich möchte gerne hier arbeiten, weil ich dann mehr Zeit habe“, sagte sie. Kaiser nickt: „Wir können uns einfach mal dazu setzen und zuhören. Es ist Zeit die wir denen geben, die nicht mehr viel Zeit haben.“