Tropfen für Tropfen bis zum Meer

Eimbeckhausen. Zwei Künstler. Beide von der Insel. Beide arbeiten mit dem Medium Zeit – das aber so, dass es gegensätzlicher kaum sein könnte. Im Schaffensprozess von Georg Meyer geht es darum, die Zeit so kurz wie möglich zu halten. Eine zehntausendstel Sekunde, gerne kürzer, ist der Augenblick lang, in dem seine Arbeiten Form, Farbe, Struktur gewinnen. Sein Partner in der gerade eröffneten Ausstellung in Eimbeckhausen, Maler Frank Otto Sperlich, arbeitet teilweise monatelang an einem Bild, schöpft die meditative Wirkung voll aus.

Zur Vernissage in den Räumen der Sammlung Wilkahn und des Ateliers Goulbier stellten Yvonne Goulbier und Gisela Hahne dem zahlreich erschienenen Publikum zwei Künstler von Rügen vor. Fotografie trifft auf Malerei, der Augenblick eines fallenden Tropfens trifft auf die Reise der Wellen, die Kraft der Brandung.

Goulbier und Meyer verbindet eine lange Freundschaft, und als sie eine Ausstellung planten, erreichte Yvonne Goulbie ein unerwarteter Anruf: Meyer war auf Bilder von Sperlich gestoßen. „Dieser Maler malt das Meer, und es sieht so echt aus, dass Du eintauchen könntest“, schwärmte der Rügener telefonisch gen Eimbeckhausen. Dort kam, nach anfänglicher Skepsis, ebenfalls Begeisterung auf, und die übertrug sich am Donnerstagabend auch auf die Gäste. Sperlich erläuterte, was ihn motiviert: Die ästhetische Komponente Meer sei für ihn sehr wichtig, ihm gehe es aber auch um die metaphysische Ebene, das „Welttheater Meer“. Die Symbolitik, das Kommen und Gehen, der zu beobachtende ganz große Kreislauf treibe ihn an, sich malerisch mit dem Thema zu beschäftigen. Die persönliche Note Sperlichs: Er sei „ostsozialisiert“, ihn habe es immer zum Meer gezogen. „Wenn wir als DDRler an den Strand gegangen sind, dann haben wir sehnsüchtig in die Ferne geschaut – und gedacht, dass da drüben irgendetwas ist, was man wahrscheinlich nie sehen wird.“

Die „Ostsozialisation“ reklamierte Meyer sehr zur Freude des Publikums als in Ostfriesland Geborener auch für sich, bevor er einen Einblick in seine Arbeit gab. Die fotografische Auseinandersetzung mit dem „eigentlich merkwürdigen Sujet Tropfen“ fasziniert den Physiker. „Mit unseren Augen, unserem Gehirn haben wir keine Möglichkeit, den Reiz, den es darstellt, überhaupt zu erkennen, weil unsere Sinnesorgane einfach zu langsam sind“, erläuterte er. Mit der Kamera und etwas Technik eröffneten sich ihm plötzlich Tropfenwelten, aufregend und immer wieder neu, die die Fantasie herausforderten.

Die Ausstellung ist bis zum 28. Februar zu sehen. Information und Anmeldung: 05042/999343.