Kuchenduft, Luft, Fingerfertigkeit

VON KATHARINA WEIßLING

Bad Münder. „Die Ehrenamtlichen bringen die Welt da draußen hier rein“, beschreibt Pflegefachkraft Eileen Hurtz einen wesentlichen Puzzlestein im Hospiz Bad Münder. Einer, der mit Vorliebe kocht, bringt jede Woche aufs Neue köstliche Suppen und Eintöpfe ins Haus. Ein anderer mit großem Bewegungsdrang schiebt Gäste des Hospizes mit dem Rollstuhl raus an die frische Luft und hinein in den Garten.

Dessen Hochbeete wiederum eine weitere Ehrenamtliche liebevoll pflegt. Die Liste der Möglichkeiten ist lang und reicht von sporadischen Kuchenspenden bis hin zu regelmäßiger Sterbebegleitung, für die es eines vorbereitenden Kurses bedarf.

„Jeder entscheidet selbst, wie viel Zeit er uns schenken möchte und was er zu geben hat“, sagt Hospizleiterin Stephanie Kaiser. Dabei komme es weniger auf Talent oder gar Exzellenz an als auf persönliche Vorlieben. Denn immer begegneten sich Menschen im Hospiz. Solche, die noch vieles vor sich haben, wie das kleine Mädchen, das sich einmal quer durchs Physalis-Beet naschte und solche, die ihr Leben kurz vor Schluss zum Teil sehr gezielt Revue passieren lassen.

Angelika Kemmerich, eine der guten Seelen rund ums Hospiz, reist mit großer Lebenslust um die Welt. Zuhause in Bad Münder bedeutet Muße für sie, mit Liebe Dinge zu basteln oder zu handarbeiten. Was daraus wird, landet nicht selten im „Schatzschrank“ des Hospizes. Daraus können Besucher Dinge erwerben, die ihnen besonders gefallen. Die Spenden für diese Sachspenden von Sparstrumpf über selbstgekochte Marmelade bis hin zu individuell gestalteten Karten kommen dem Hospiz zugute, das für fünf Prozent einer jeden Sterbebegleitung selbst aufkommen muss.

Es kommt aber auch vor, dass Angelika Kemmerich ihre Materialien zusammenstellt, ein paar Kleinigkeiten vorbereitet und gemeinsam mit dem ein oder anderen Gast bastelt, der dies wünscht. „Einmal war das ein Mann, der mit unglaublicher Hingabe eine Karte und eine Geschenkverpackung für seine Frau gefertigt hat und so etwas wohl zum ersten Mal in seinem Leben gemacht hat. „Da habe ich mich sehr beschenkt gefühlt“, sagt Kemmerich, die die Freude und Liebe dieses Moments noch immer im Herzen trägt.

Mal lenkten solche Tätigkeiten die Gäste des Hospizes ab von der Auseinandersetzung mit dem Leben und dem nahenden Tod, ließen die Tage der Krankheit leichter dahingehen. „Mal lösen solche Impulse aber auch Lebenserinnerungen früherer Tage, bringen hervor, was besonders schön war und führen zu Gesprächen und über das Wesentliche eines Lebens“, erzählt Stephanie Kaiser.

„Es sind die prägendsten Zeiten eines Lebens, die hier im Hospiz eine große Rolle spielen“, sagt sie und nennt Beispiele. Ein Bäcker erinnert sich an ein altes Rezept, backt es mit etwas Hilfe zum letzten Mal und schreibt es nieder, ein Sturm erinnert an den Hochzeitstag eines lange verbundenen Paares, das so vieles gemeinsam auf die Beine stellte. Welche Eindrücke die Gäste innerlich wie äußerlich bewegen und anrühren, ist nicht vorhersehbar.

„Wir versuchen hier so viel Zuhause-Gefühl zu schaffen, wie möglich“, betont Stephanie Kaiser. Und je vielfältiger die menschengemachten Rahmenbedingungen ausfielen, umso mehr könnten die Gäste des Hauses daran anknüpfen und sich mit der eigenen Biografie auseinandersetzen. Dass die Gäste sich wohlfühlen, Ruhe genießen können und gleichzeitig intensive Erfahrungen möglich sind, führe zu besonderer Identifikation mit der Einrichtung, sagt Kaiser.

„Die Ehrenamtlichen prägen den Geist dieses Hauses wesentlich mit, dafür sind wir sehr dankbar“, betont die Leiterin. Jede Geste zählt, doch noch spannender ist, was sich daraus entwickelt. Und neue Ehrenamtliche, die ihre eigene Klangfarbe mitbringen, sind hochwillkommen. „Jemand, der regelmäßig auf dem Klavier hier spielt, wäre toll“, äußert sie einen Herzenswunsch.