Königliche Pflanzen für Kenner

Sie sind schön, sie sind selten, manche nennen sie die Königinnen unter den Blumen: Orchideen. Indirekt verdankt der Hamelner Andreas Trapp einen Teil seines Einkommens der Farbenpracht dieser Gewächse.

Als Leiter von Studienreisen führt er Menschen zum Beispiel in Zypern an Orte, an denen Orchideen in überwältigender Zahl, Blütenpracht und Farbvielfalt wachsen. Ist er dort, gibt er Wissen weiter, ist im Gespräch mit teils kundigen Liebhabern der schönen Gewächse. Ist er privat unterwegs, widmet er der noch vergleichsweise jungen Blumengattung seine volle Aufmerksamkeit. „Ich schaue auf Sardinien nach Orchideenarten, aber auch auf Norderney und direkt vor der eigenen Haustür“, sagt der studierte Archäologe.

Mit geschnürten Wanderstiefeln und der griffbereiten Kamera mit Makroobjektiv sucht er auch rund um Springe und Bad Münder Wiesen und Plateaus ab. Ein paar Stunden können bei so einer Wanderung ins Land gehen, weitere in der Nachschau, wenn er die rohen Fotodateien bearbeitet. „Für Nicht-Orchideenliebhaber ist das vielleicht langweilig, darum mache ich das meistens allein“, sagt Trapp. Voreingestellten Bildoptimierungsprogrammen traut er nicht ganz so viel zu wie dem Original. „Die Natur macht es am Besten“, urteilt er. Die ästhetischen und naturwissenschaftlich interessanten Ergebnisse solcher Erkundungstouren teilt er in Foren, über die Orchideenliebhaber sich austauschen und Arten bestimmen. „Orchideen sind eine vergleichsweise junge Art, deren Entwicklung noch lange nicht abgeschlossen ist“, erklärt Trapp. Um so spannender sei die zu entdeckende Artenvielfalt, umso sinnvoller der Austausch mit anderen. Allein im südlichen Niedersachsen gibt es um die 50 verschiedene Orchideenarten, informiert der Arbeitskreis heimische Orchideen Niedersachsen.

Dabei sind die Pflanzen hierzulande durchaus ein Produkt von Kulturlandschaften. „Von Schafen beweidete Sauerwiesen sind typische Standorte oder aber Plateaus und bestimmte Waldlichtungen mit nährstoffarmen Böden“, sagt Trapp. Wenige Orte in und um Bad Münder und Springe sind bekannt, bei solchen, die sich nicht gerade aufdrängen, hält Trapp es wie die Pilzsammler: geheimnisvoll. „Es kommt vor, dass Orchideen ausgegraben werden, weil manche gerne seltene Schönheiten in ihren Gärten hätten“, weiß Trapp. Dabei gehe die Rechnung meist weder für die Orchideen noch deren Sammler auf. „Viele leben symbiotisch mit einer bestimmten Pilzart“, erklärt er. Und die finde sich nicht in Gartenerde. Die Orchidee stirbt in Schönheit.

Wer genau hinschaut, mag vielleicht das Gefleckte Knabenkraut auf einer Wiese entdecken. Die grünen Blätter haben braune Flecken oder Streifen, die Blüte ist von sattem Pink. Erkennbar als Orchidee macht sie die symmetrische Blüte mit drei äußeren Kelchblättern und drei inneren Kronblättern von denen eines die typische Lippe der Orchideenblüte ausbildet. Manche täuschen Insekten Belohnung vor, in dem sie Duftstoffe ausströmen, einige Arten pflanzen sich durch Selbstbestäubung fort.

Farbenpracht ist indes nicht garantiert. Beim Spaziergang weist Trapp auf eine Art hin, die auf den ersten Blick so gar nicht knallig daherkommt: die unifarben-beige Neottioa nidus avis. „Die braucht keine Photosynthese, sondern lebt von einem abgestorbenem Ast oder so“, sagt Trapp. Noch nicht ganz erblüht ist Epipactis atrorubens, die Lieblingsorchidee von Andreas Trapp vor seiner Haustür. „Die glänzt mit tollen Farben“, wirbt er dafür, noch einmal herzukommen. Dieses Jahr seien die Orchideen etwas später dran. Ihm persönlich, dem häufig Reisenden, der sich sowohl in Gegenden Afrikas als auch an Wiegen Europas auskennt, ersetzen solche Spaziergänge durch die Natur den eigenen Garten. „Gerade nach einer weiten Reise ist so etwas ideal, um zur Ruhe zu kommen“, sagt er.

Wenn wie heute noch Tropfen an den Blüten glänzen, hält seine Freude an guten Fotos bis in den Winter. Sogar einen Bläuling, einen von unten wie ob besonders hübsch anzusehenden Schmetterling, fängt er heute mit der Kamera ein. Ruhig bleibt das Insekt auf einem Grashalm sitzen. Trapp liebt es mal ruhig, mal rasant, vor allem aber naturnah. Nicht selten entdeckt er neue Orchideenstandorte vom Mountainbike aus. Was da schnell vorüberzieht während er sportlich durchDeister und Süntel radelt, lässt er beim Wiedersehen zu Fuß in Ruhe auf sich wirken.