Geschichte(n) mit Zinnfiguren

Wilhelm Raabe hat die historische Erzählung „Hastenbeck“ geschrieben. Hans-Joachim Becker hat zwei Szenen aus dieser Erzählung gestaltet. Hier sind es Bürger, die auf Befehl der französischer Soldaten Kanonenkugeln tragen müssen. Foto:Voigtmann

Wilhelm Raabe hat die historische Erzählung „Hastenbeck“ geschrieben. Hans-Joachim Becker hat zwei Szenen aus dieser Erzählung gestaltet. Hier sind es Bürger, die auf Befehl der französischer Soldaten Kanonenkugeln tragen müssen. Foto:Voigtmann

Hans-Jürgen Becker ist inzwischen 91 Jahre alt. Manch einer mag ihn noch kennen, aus der Zeit, als er Schulleiter in Bakede war. Aber das ist schon lange her, zum Schluss seiner Berufstätigkeit war er Leiter der Hauptschule in Isernhagen.

Becker ist an Geschichte schon immer interessiert gewesen – und daher rührt auch seine Leidenschaft für Zinnfiguren, mit denen er historische Szenen gestaltet.

Wie er zu diesem Hobby kam? 1954 war Becker mit seinem Motorrad unterwegs und hat sich Deutschland angeguckt. In Bamberg, in der Alten Hofhaltung, hat er erstmals Schaubilder mit Zinnfiguren gesehen. Er erkundigte sich, woher diese Figuren stammten und bekam die Informationen, dass auf der Plassenburg in Kulmbach ein Zinnfigurenmuseum sei. „Dort erzählte man mir, dass die Firma Heinrichsen in Nürnberg solche Figuren herstellt. Als ich dort ankam, sagte mir aber eine älteren Dame, dass gar keine Figuren mehr produziert würden.“

Er blieb hartnäckig – und bekam schließlich drei Packungen, in denen preußische Infanterie-Soldaten und sogenannten Kürassieren, eine gepanzerte Truppengattung der Kavallerie.

„Und das war der Beginn meiner Sammlung“, sagt Becker, für den seine Wohnung langsam aber sicher zu klein wird, weil fast in jedem freien Winkel eine besondere historische Szene mit Zinnfiguren und dazu gestalteten Landschaften aufgebaut ist.

Der Rentner gießt zwar die Zinnfiguren nicht selber, aber sie kommen farblos per Post bei ihm an, werden dann grundiert und mit den entsprechenden Farben angemalt. Dazu braucht Hans-Jürgen Becker eine ruhige Hand, ein gutes Auge, das er nach einer Operation wieder hat, und einen feinen Pinsel. „So habe ich jahrelang gearbeitet und da hat sich inzwischen natürlich einiges angesammelt“, sagt er.

Stolz ist Hans-Jürgen Becker auf zwei Dioramen, die Szenen aus dem Roman „Hastenbeck“ von Wilhelm Raabe illustrieren. Da ist zum einen die Szene, in der Bürger unter Bewachung von Soldaten Kanonenkugeln schleppen und zum anderen die Zwangsrekrutierung von Bürgern Höxters durch den französischen Kommandanten, der die neuen Rekruten im Schlafrock empfängt.

Inzwischen habe er viele Figuren von der Firma Heinrichsen bekommen – denn die Firma existiert heute noch in Nürnberg, in sechster Generation, geleitet von Brigitte Grobe, deren Mutter eine geborene Heinrichsen war.

Einmal im Jahr ist in Kulmbach Zinnfiguren Börse. Da stellt dann eben jene Firma Heinrichsen aus Nürnberg aus, was sie an Figuren anbieten kann. „Meine Frau und ich waren oft dabei, haben uns informiert und neue Figuren mitgenommen“, sagt Becker. Derzeit hat er alles vorbereitet, um in Neustadt am Rübenberge im „Museum zur Stadtgeschichte“ einige seiner szenischen Darstellungen zu zeigen. In Neustadt werden von ihm zwei Lazarettplätze zu sehen sein – einer der napoleonischen Truppen und ein weiterer für preußische Soldaten.

Vom 7. April bis 6. Oktober wird in dieser Sonderausstellung unter dem Titel „MiniaturWelten in Zinn gegossen“ auch ein Diorama aus der Sammlung von Hans-Jürgen Becker gezeigt, das Motive aus bekannten Märchen und Sagen zeigt. Da begegnen den Ausstellungsbesuchern Rotkäppchen und der Wolf, Hänsel und Gretel am Hexenhaus und der Rattenfänger, dessen Flötenspiel gerade einige Kinder folgen sowie der Fischer, der gerade von seiner Frau die Order bekam, dem wundersamen Fisch zu sagen, was sein nächster Wunsch ist.

Hans-Jürgen Becker wünscht sich auch etwas: Viele Gäste dieser Ausstellung, die durch ihren Besuch die Arbeit der Zinnfiguren-Freunde würdigen.