Die plattdeutsche Kabarettistin

. Brigitte Wehrhahn ist, auch wenn sie nicht auf der Bühne steht, eine lebhafte Frau. Gerne erzählt die gelernte Kosmetikerin davon, wie sie zur plattdeutschen Kabarettistin wurde. Dabei ging es ihr zu der Zeit überhaupt nicht gut.

VON HORST VOIGTMANN

Als sie bei einer Therapeutin saß, um aus dem Schlamassel wieder rauszukommen, fragte die, was sie denn gut könne.

Brigitte Wehrhahn überlegte und sagte dann, sie könne Plattdeutsch und sie könne Witze gut erzählen. Sie solle etwas aufschreiben, sagte ihre Therapeutin und fügte hinzu „… während Sie schreiben, sollten Sie auf jeden Fall lächeln.“ Brigitte Werhahn schrieb – und schrieb weiter, ihr erstes Programm. Nun, so die Therapeutin, solle sie versuchen das geschriebene unter die Leute zu bringen. Gemeinsam mit ihrem Mann verfasste Wehrhahn eine Einladung – und hoffte für ihren ersten Auftritt auf den Besuch von mindestens zehn Leuten. Aber dann waren es über hundert Besucher, die im Stuhlmuseum Eimbeckhausen auf sie warteten. Mit Herzklopfen traute sie sich, ihre Texte vor Publikum zu rezitieren und siehe da, sie merkte, dass sie Leute zum Lachen bringen konnte. Aber sie merkte auch, dass es nicht leicht ist, schnell einen Lacher im Publikum zu haben.

Das alles war 2005. Auch heute noch, nach einigen Jahren Bühnenerfahrung, ist es ihr sehr wichtig, schon nach wenigen Augenblicken auf der Bühne das Publikum zum ersten Mal zum Lachen gebracht zu haben. „Das ist für mich Medizin. Ich wachse und blühe, wenn ich Applaus bekomme und die Leute sich freuen.“

Jedes Jahr hat Wehrhahn inzwischen ein neues Programm, immer im Herbst. Wenn die neue Saison läuft, und die ersten paar Auftritte hinter ihr liegen, beginnt sie schon mit der Vorbereitung für das nächste Jahr.

„Ich achte sehr genau auf das, was ich so an alltäglichen Dingen höre. Alles, was mir interessant scheint, schreibe ich auf, damit ich es nicht vergesse.“ Manche Gags entstehen auch aus kleinen Geschichten, die ihr die Leute schicken, die sie bereits auf der Bühne erlebt haben. „Solche Dinge speichere ich sofort auf meinem Rechner ab, damit sie mir nicht verloren gehen.“

Einige Leute sagen von Brigitte Wehrhahn, sie sei derb, weil ihre Scherze auch gelegentlich unter die Gürtellinie gehen. In der plattdeutschen Mundart höre sich auch manche pikante Geschichte eher nett an, ist die Komödiantin sicher.

„Eigentlich sollte doch jeder wissen, dass es zweierlei Menschen gibt. Und wenn es die untere Gürtellinie nicht gäbe, dann wären wir alle nicht hier. Aber ich bin auch sehr politisch in meinen Programmen.“

Donald Trump würde sicher nicht lachen können, sollte er sich einmal unter die Zuhörer von Brigitte Wehrhahn mischen – aber Plattdeutsch kann der ja auch nicht. Und so mancher Berliner Politiker oder die Autoindustrie „kriegn ok op Platt en druff“.

Der Sprung von lustig auf ernst ist nicht immer einfach, denn Wehrhahn schenkt auch bittere Tropfen ein: „Alle wollen so umweltbewusst sein und dann erzählen sie von ihrer Kreuzfahrt. Dabei kommt aus den Schloten der 15 größten Kreuzfahrtschiffen der Welt mehr Gift als aus den Auspuffanlagen von 70 Millionen Autos.“ Tagesaktuelle Nachrichten baut Brigitte Wehrhahn gern in ihr Programm ein und lässt dafür anderes einfach weg. „Ich bin immer lang. Wenn das Publikum gut ist, dann bin ich sogar noch länger“, sagt sie lachend. „Ich bin eben spontan. Mir fällt auch zwischendurch was ein. Auch wenn mich jemand anspricht, dann geht es bei mir sofort los. Viele haben deshalb Angst, vorne zu sitzen, aber die, die hinten sitzen, sehe ich genauso“, sagt sie: „Aber das ist keine Drohung ...“