Springer Bier „war kein Genuss“

Wer in das Archiv Springes gelangen möchte, der muss im Burghof-Rathaus im wahrsten Sinne bis unters Dach steigen. Dort, wo es nicht mehr weiter geht, gibt es eine Tür auf den Dachboden. Hier ist Andreas Lilge tätig – als Archivar in Teilzeit. Er hat reiche Kenntnis über die Geschichte der Stadt Springe.

VON HORST VOIGTMANN

Die allerdings nicht komplett ist: „Viele Dokumente sind verbrannt. Selbst die Urkunde, in der Springe zur Stadt erklärt wurde, ist in diesem Archiv nicht vorhanden“, sagt Lilge. Es sei vor all den Jahrhunderten nicht einmal bekannt gewesen, welche Privilegien mit den Stadtrechten verbunden waren. Dennoch habe man zusammengestellt, was man hatte – und stellte in Hannover einen Antrag. Darin habe gestanden, dass vor 112 Jahren die Stadt abgebrannt sei. Das könne nur 1519 gewesen sein. „Die meisten Unterlagen im Archiv haben wir erst seit dem 17. Jahrhundert. Aber auch die sind nicht vollständig, denn im 30-jährige Krieg wurde viel vernichtet.“

Viel lasse sich aus der Lektüre des sogenannten Schoßbuchs von 1576 herauslesen, in dem die Bürgersteuer vermerkt ist. Überwiegend waren es Ackerbürger, die in Springe lebten. Aber allein von Ackerbau konnten die Menschen wohl auch nicht leben. Viele betrieben auch ein Handwerk, das die Familien allein nicht ernähren konnte, weil Springe kein ausreichendes Hinterland hatte.

„Außerdem spielte damals die Stadtforst eine große Rolle. Weil überall das Holz knapp wurde, konnte man es gut verkaufen“, so Lilge. „Damals gehörte zu jedem Bürgerhaus eine Holzberechtigung. Jeder Hausbesitzer musste sich das Bürgerrecht erkaufen, hatte damit Vorteile wie die Mitbenutzung gemeinsamer Weiden für das Vieh, musste aber auch alle Lasten tragen. Zum Beispiel beim Straßen- und Wegebau.“

Auch das Brauwesen gehört bis 1877 als Recht anfangs zu über 100 Bürgerhäusern. Später hatten nur noch 74 das Braurecht. „Wer ein Haus mit Braurechten übernahm, musste sich da einkaufen.“ Es gebe einige Überlieferungen zu den Zutaten, weiß der Archivar. Das Bier sei immer dünner gebraut worden. Zwar gab es eine Bannmeile, innerhalb derer nur das Bier aus Springe bezogen werden durfte. „Aber diese Verordnung wurde immer häufiger umgangen, weil das Bier aus den städtischen Brauhäusern Springes wohl ein ziemlich übles Gesöff war. Es ging wohl noch als Durstlöscher, aber war kein Genuss.“

Richtig gut aber sei es in Springe mit dem Holz gelaufen. Ein Teil des Geldes, das man mit dem Verkauf erzielte, floss in die Stadtkasse. Bürgermeister Peters, der von 1884 bis kurz vor Ende des Ersten Weltkrieges amtierte, gelang es, die Holzrechte der Bürger gegen eine Geldrente zu tauschen. „Das war für die Stadtkasse eine reine Goldgrube, denn für das Holz bekam die Stadt immer ordentlich Geld.“

Kurz vor der Wende zum 20. Jahrhundert wurde Holz des Deisters auch für die entstehenden Industrieunternehmen interessant. Die Stuhlfabrik Banneitz und weitere Unternehmen siedelten sich in Springe an. Später zog die Möbelfabrik Schaper & Hunke in die Gebäude einer einstigen Teppichfabrik.

Durch die Zeit des Nationalsozialismus wurden die Karten neu gemischt. Das Unternehmen Banneitz ging im Bähre-Konzern auf, der besonders nach dem Zweiten Weltkrieg von dem Wunsch der Menschen profitierte, sich mit neuen Möbeln ein gemütliches Zuhause zu schaffen.