Zeigt her eure Hufe

VON KATHARINA WEIßLING

Klein Süntel. „Moin Jungs“, ruft Deike Stadler-Wördehoff den drei Wallachen zu, die gerade gemütlich von der Koppel trotten und sich neugierig nähern. Hufpflege ist heute dran. Eine Prozedur, die Zeit in Anspruch nimmt und Deike Stadler-Wördehoff den Schweiß auf die Stirn treiben wird. Letztlich aber sorgt sie dafür, dass die Vierbeiner sich wieder wohlfühlen auf ihren vier Hufen. Nach der Pflege sollen sie geschmeidiger laufen als zuvor, ein paar Zivilisationsprobleme behoben, zumindest gelindert sein. „Der Vorher-Nachher-Effekt ist einfach schön“, sagt die 44-Jährige zufrieden, wenn sie zuschaut wie ein Pferd seine frisch gepflegten Hufe direkt nach der „Hoppiküre“ wieder erprobt, sich sichtlich zufrieden bewegt nach dem Stillstehen. Gepflegte Hufe sind ihrer Überzeugung nach weit mehr als eine Äußerlichkeit. „Mit den Hufen steht oder fällt das Wohlbefinden eines Pferdes“.

Belastet ein Tier seine Hufe mehr auf der Innen- oder der Außenseite, tritt es sich selber? Läuft es irgendwie unrund? Bevor sie die Hufe betrachtet oder gar das Werkzeug zückt, schaut Stadler-Wördehoff genau hin, wie sich ein Pferd bewegt. Selbst das Klackern der Hufe auf hartem Asphalt verrät ihr, wo etwas im Argen liegen könnte. Etliche Pferde hat sie im Rahmen ihrer Ausbildung so betrachtet und dabei aufgesogen, was Ausbilder und erfahrene Hufschmieden an sie weitergaben. „Meine Frau will alles sehr genau wissen, wenn ihr Interesse geweckt ist“, sagt ihr Mann, Ralf Wördehoff dazu. Ist ein Besitzer verhindert, kommt er gelegentlich mit zur Hufpflege. Hält fest und beruhigt, während seine Frau gebückt und mit vollem Körpereinsatz zu Werke geht. Ihre Augen funkeln, wenn sie erzählt, worauf es ankommt bei diesem frisch erworbenen Handwerk.

Bis die Kosten der Ausbildung wieder drin sind, ist noch jede Menge Horn zu raspeln. „Das ist ein harter Beruf“, stellt Deike Stadler-Wördehoff klar. Für sie vor allem aber ein sinnstiftender. Die zweifache Mutter gehört zu den Menschen, die es schon im Krabbelalter zu Pferden hinzog und deren Begeisterung für die feinfühligen Tiere nie nachließ. Tierärztin werden, „nein danke, ich tue mich sehr schwer damit, Tieren Schmerzen zuzufügen“, sagt sie. Stattdessen wurde sie erst Damenschneiderin, dann landwirtschaftlich technische-Assistentin. Bald aber erkannte sie, dass ihr Beruf mit ihrer Familie nur bedingt vereinbar ist. „Stellen gibt es entweder an Universitäten oder bei Saatgutherstellern und sind daher geographisch rar gesät“, erklärt Stadler-Wördehoff. Ihren Wohnsitz hatten die Wördehoffs aber stets nach den beruflichen Herausforderungen des Hauptverdieners bestimmt. Nach Stationen in Bayern landete die vierköpfige Familie vor Jahren in Klein Süntel. „Ich freue mich sehr jetzt mit dieser Arbeit durchzustarten“, sagt Deike Stadler-Wördehoff. Die Idee dazu war aus der Not heraus geboren als der Hufschmied ihres eigenen Pferdes sich verletzt hatte und seine Vertretung über Wochen hinweg ausgebucht war. „Da habe ich gedacht, das wäre doch was.“ Wochenende für Wochenende fuhr sie also zur BESW-Akademie in Osnabrück, bis die theoretische Ausbildung abgeschlossen war. Jetzt raspelt und schneidet sie nach Augenmaß weg, was den Pferden sonst auf die Gelenke oder aufs Kreuz gehen könnte.

Jetzt heißt es Kondition aufbauen, Kundenvertrauen aufbauen und neben den Besitzern auch die Pferde von der Notwendigkeit der Pflege überzeugen. „Es braucht eine klare Körpersprache, um sich zu verständigen“, erklärt sie. Zugewandt, freundlich und ruhig spricht sie mit den Fluchttieren, rempelt aber auch bestimmt zurück, wenn ein Pferd seine Grenzen testet. Rumzappeln ist nicht erwünscht, denn selbst bei optimalem Stand lasten mindestens 15 Kilo Pferdegewicht auf ihr, während sie die Hufe auskratzt, Messer, Raspel und Zange zückt.

Hinzu kommt das Gewicht der schweren, aber zwingend notwendigen Schutzschürze aus Leder. „Abends auf dem Sofa weiß ich wirklich was ich getan habe“, sagt sie lachend. Und achtet auch auf ihre eigenen Füße, während sie den Pferdehuf zwischen den Knien einklemmt. „Schuhe mit Stahlkappen und die Fußspitzen leicht zueinander gedreht für bessere Körperspannung“, zitiert sie ihren Ausbilder.Vom Barhuflaufen ist sie übrigens zutiefst überzeugt. „So schwer arbeitet heute kaum noch ein Pferd, dass es Eisen bräuchte“, sagt sie. Und freut sich schon auf den Moment, an dem sie ihre schweren Arbeitsschuhe im Hausflur abstellt und barfuß ihrem Feierabend entgegengeht.

Weitere Infos gibt es unter hufpflege.stadler-woerdehoff.de