Mehr als nur ein Sport

VON JANA GRUBE

Bad Münder. Er spannt den Bogen. Er visiert die mehrfarbige Scheibe, fixiert den Punkt, lässt los. Der Pfeil zischt sekundenschnell in sein Ziel. Was kinderleicht aussieht, erfordert viel Kraft, Motorik und Konzentration. „Es ist ein anspruchsvoller Leistungssport“, sagt Raul Duwe. Vor zehn Jahren hatte der gebürtige Brasilianer mit deutschen Wurzeln zum ersten Mal einen Bogen in der Hand. Heute betreut er die Bogenabteilung im Schützenverein Klein Süntel. „Schütze, Pfeil und Bogen müssen ein System sein, und das muss aufeinander abgestimmt sein“, betont er. Und zwar genau in dieser Reihenfolge. „Man kann auch mit einem schlechten Bogen treffen, wenn der Pfeil passt – aber nicht andersherum.“ Aber auch die beste Ausrüstung nütze nichts, wenn es an der Technik scheitere.

„Nach dem ersten Schuss wirst du infiziert“, weiß Duwe aus eigener Erfahrung. Er selbst hatte sich so stark „infiziert“, dass er sein Hobby nach drei Jahren zu seinem Beruf machte. Zu seinem 40. Geburtstag gab er seinen Job als Maschinenbauingenieur auf und wurde Bogenbauer – in Südamerika. Erst vor einem Jahr zog der heute 47-Jährige mit seiner Familie von Brasilien nach Hameln. Seither bringt er sein Know-how auch in den Klein Sünteler Schützenverein ein. Der Vorstand spricht von einem Glücksgriff. „Wir wären nicht da, wo wir heute sind, wenn Raul nicht wäre“, sagt Jugendwart Phillip Heinemeyer. Zum Beispiel gibt es durch dessen Engagement jetzt auch Wochenendkurse für Anfänger, den nächsten am 11. und 12. August.

Ob Schießen auf Scheiben oder auf Pirsch gehen in einem 3D-Waldparcours: Bogenschießen entwickle sich auch im norddeutschen Raum immer mehr zu einer beliebten Sportart, so Duwe. In einem 3D-Parcours, wie er auch bei Europa- und Welt-Meisterschaften Standard ist, schießen die Teilnehmer an mehreren Stationen aus den unterschiedlichsten Entfernungen auf Gummitiere. Diese Modalität möchten auch die Klein Sünteler in den kommenden Jahren vor Ort anbieten können. Denn der Bogensport-Trend spiegelt sich auch in den Vereinszahlen wider. 2012 mit gerade einmal zwei Bogenschützen neu gestartet, zählt die Abteilung mittlerweile 25 Aktive – neun davon sind unter 21 Jahren. „Damit sind wir der stärkste Verein innerhalb des Kreisverbandes Deister-Süntel-Calenberg“, schiebt Jugendwart Heinemeyer jegliche Nachwuchssorgen beiseite. Erst vor wenigen Wochen ist der elfjährige Johann-Wilken Rathing mit seinem Großvater Ferdinand Kohlenberg (68) dem Verein beigetreten. Im Bogenschießen hätten sie eine Sportart gefunden, die sie gemeinsam draußen ausüben können, wie letzterer erklärt.

Zudem habe er bei seinem Enkel ein Talent für Pfeil und Bogen erkannt. Das Duo dürfte nach Schätzung Duwes den jüngsten und gleichzeitig ältesten Bogenschützen im Verein stellen. Was das Bogenschießen so besonders macht? Die Vielfalt, sagt Duwe: „Es ist nicht nur ein Sport, sondern auch ein Hobby. Man kann seine eigene Ausrüstung selber basteln.“ Denn seine Profession ist der traditionelle Holzbogen, das Pendant zum hochtechnologischen olympischen Recurvebogen. Das Zusammenspiel von Bogenlänge, Wurfarmen und Auszug ist eine Wissenschaft für sich. Sie anderen näherzubringen, übernimmt Duwe leidenschaftlich gerne.

Es ist aber auch die jahrtausendealte Tradition dahinter, die ihn fasziniere. Als eine der ältesten Jagdformen halfen Pfeil und Bogen den Menschen, sicherer und schneller an Nahrung zu kommen. „Das sitzt tief in unserer DNA“, ist Duwe überzeugt. Schon immer habe er sich fürs Bogenschießen interessiert. Für die Kraft, Motorik und Konzentration dahinter.

Gemeinsam mit den Gewehr- und Pistolenschützen stellt sich die Bogenabteilung beim Sommerfest des Schützenvereins Klein Süntel am Sonnabend, 4. August, ab 17 Uhr, vor. Wer solange nicht warten mag, kann mittwochs ab 18.30 Uhr beim Bogentraining vorbeischauen. Die Ausrüstung wird gestellt. Für Fragen steht Raul Duwe unter 01575/6871486 zur Verfügung.