Sein Job hört nicht auf

VON JANA GRUBE

Bad Münder. Sein Umfeld hat gewettet, dass er aufgibt. Ein Vierteljahr, vielleicht ein Dreivierteljahr hat es ihm gegeben. Er aber hat sich durchgebissen. „Heute bin ich stolz, dass ich in meinem 25. Jahr hier bin“, sagt Frank Henning. Mit „hier“ meint der 54-Jährige die Stadtjugendpflege im Kinder- und Jugendzentrum „Point“.

Und das, obwohl er anfangs, nach seinem Sozialwesen-Studium, seine berufliche Zukunft keineswegs in der offenen Jugendarbeit sah. Heute ist genau die sein Ding.

„Ich wollte wegen Air-Hockey fragen“, platzt ein Heranwachsender in sein Büro. „Null Problemo, gebe ich dir“, springt Henning auf und sucht Puck sowie Schläger für das Geschicklichkeitsspiel heraus. Das „Point“ ist, wie jeden Montag- bis Mittwochnachmittag und -abend, geöffnet. Kids kommen zum Air-Hockey- oder Billardspielen, zum Kickern oder einfach zum Chillen.

Der nächste junge Besuch steckt den Kopf herein. „Ich wollte dir einmal meine Arbeit zeigen“, grinst das Mädchen. „Das ist ja englisch und das ist eine zwei, check“, ruft Henning, selbst Vater eines 14-jährigen Sohns, und schlägt mit der Schülerin ein. „So was ist Belohnung genug für mich“, freut er sich. Bei den Hausaufgaben helfen, auch das macht die Jugendpflege. Letztlich wisse er, Henning, nie wer oder was ihn erwarte. Eines der neuesten Projekte ist das Gaming auf einer Leinwand. „Wenn die Kids anfangen ihr Taschengeld und nächtelanges Wachsein ins Spielen zu investieren, geht das für mich schon in Richtung Spielsucht“, erklärt der diplomierte Sozialpädagoge. Mit dem gemeinsamen Zocken wolle er ihnen zeigen, dass es eben auch anders geht. Kein neues, sondern ein immer wieder – ähnlich einer Achterbahnfahrt – auftauchendes Problem sei „das Kiffen“.

Das sei gerade wieder voll im Gange. Die Hemmschwelle sinke immer weiter. Bereits mit 12, 13 Jahren sei Marihuana hoch im Kurs. Mit präventiven Maßnahmen für Klassen, unter anderem gemeinsam mit der Polizei, versucht er gegenzusteuern. „Ich habe gemerkt, dass viele Kids ihre Grenzen suchen, weil sie sie Zuhause nicht bekommen und froh wären, welche zu haben“, erzählt der Sozialarbeiter. Ob Bürgermeister oder Kind, alle seien die gleichen Respektpersonen für ihn. Er sagt, was er denkt. Das kann mal aufmüpfig sein, aber nie frech. Er sieht hin, er greift ein. Oder mit seinen eigenen Worten ausgedrückt: Sein Job hört nicht auf. Sein geschulter Sinn für die Dinge hilft ihm dabei. „Erzählen können sie viel, wichtig aber ist, was hier ist“, zeigt er auf sein Herz. Dann steht ein junger Mann in der Tür. Er fragt, wann die Auftaktveranstaltung zur Gruppenleiterschulung „Juleica“ (Jugendleitercard) endlich beginne. Denn auch darum kümmert sich Henning: Er bildet engagierte junge Menschen zu Jugendleitern aus, die das Sommerferienprogramm – einer der Schwerpunkte der Stadtjugendpflege – oder Vereine unterstützen wollen. Aber auch Förderanträge für vereinsinterne Jugendarbeit bearbeitet er, stellt Projekte wie Breakdance und PC-Kurse auf die Beine und berät in allen Lebenslagen. Gerade die Einzelfallhilfe nimmt laut dem Stadtjugendpfleger rapide zu. Den Tätigkeitsumfang, obwohl er neben Erzieherin Manuela Schlißke auch immer wieder Praktikanten an seiner Seit weiß, beschreibt er augenzwinkernd so: „Ich bräuchte sieben Leben wie eine Katze und acht Arme wie ein Krake.“