„Brauchen dritten Arbeitsmarkt“

Die Adresse Rahlmühler Straße 100 und der Begriff AIBM, der für Arbeitsloseninitiative Bad Münder steht, ist vielen gut bekannt. Hier kann man Möbel, die nicht mehr gebraucht werden loswerden – und damit das Gefühl verbinden, etwas Gutes getan zu haben.

Seit mehr als 30 Jahren hat die Diakonie in dem ehemaligen Fabrikgebäude Werkstatts- und Ausstellungsbereich für die Reparatur und Weitergabe gebrauchter Möbel untergebracht. Aber das ist nicht allein der Zweck der Einrichtung. Die AIBM bringt Menschen durch verschiedene Initiativen wieder in Arbeit. So kann Sozialpädagogin Hildegard Wüstefeld von einem Projekt in der Altenpflege berichten, bei dem nach Abschluss einige Teilnehmerinnen einen Arbeitsplatz in einem Altenheim bekamen.

Was die Angebote der AIBM in betrifft, so sind derzeit drei Mitarbeiter im Bereich der Möbelausgabe aktiv und fünf bei der Pflege von Grünflächen. Dabei handelt es sich um Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen längere Zeit arbeitslos waren und durch das Arbeitsangebot der Diakonie wieder Vertrauen in die eigene Leistungsfähigkeit gewinnen können – um so auch wieder für den ersten Arbeitsmarkt interessant zu werden.

Im Gespräch mit der von der Diakonie beauftragten Pastorin Birgit Löhmann, der Sozialpädagogin Wüstefeld und der Projektleiterin und Agraringenieurin Susanne Lührs wird deutlich, dass es zwar einen Fachkräftemangel gibt – aber viele der Arbeitsplätze, die bislang für geringer Qualifizierte zur Verfügung standen, durch die Abwanderung von Produktion in Billiglohnländer nicht mehr existieren.

Das Beratungsangebot der AIBM wird im wesentlichen von Langzeitarbeitslosen und deren Angehörigen, von dauerhaft oder befristet Erwerbsgeminderten sowie von geringfügig oder prekär Beschäftigten wahrgenommen.

Mit Bewerbungsberatungen, psychosozialer Beratung, Schuldenregulierung und Anträgen für soziale Leistungen, Renten oder Erwerbsminderungsrenten werden die Hilfesuchenden durch das diakonische Beratungszentrum unterstützt. Dabei handelt es sich auch um Menschen mit Migrationshintergrund, Asylbewerber und Spätaussiedler.

Im zurückliegenden Jahr 2016 wurden in der Beratungsstelle an der Angerstraße oder bei Hausbesuchen rund 470 Beratungsgespräche geführt. Darüber hinaus hat das Team die sozialpädagogische Begleitung mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten angeboten. Zum Beispiel alltagspraktisches Training, Gesundheitsförderung, Vermittlung und Zusammenarbeit mit Fachberatungsstellen oder auch Unterstützung im Umgang mit Institutionen und Behörden sowie individuelle ergänzende Hilfen.

„Bei den Mitarbeitern, die für eine gewisse Zeit im Möbellager oder in der Grünpflege arbeiten können, stellen wir häufig Veränderungen auch in der gesundheitlichen Situation und im persönlichen Auftreten fest“, sagt die Diplomsozialpädagogin Hildegard Wüstefeld.

Allein die Tatsache, dass ein Mensch wieder arbeite, habe eine positive Auswirkung auf das Gesamtgefühl. Susanne Lührs kann diese Tendenz nur bestätigen, bedauert allerdings, dass die Beschäftigungsverhältnisse begrenzt sind.

Susanne Lührs ist sich mit Hildegard Wüstefeld und Birgit Löhmann, darüber einig, dass die Gesellschaft einen dritten Arbeitsmarkt brauche – damit könne man sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze bei gemeinnützigen Trägern schaffen damit künftig nicht mehr die Arbeitslosigkeit der betroffenen Menschen finanziert wird, sondern die Arbeit.