Wissen soll nicht verloren gehen

Er verströmt jetzt in den Wintermonaten einen intensiven Duft nach Anis: Der Laubholz-Harzporling, der bandförmig oder einzeln an einem vermodernden Baumstamm am Pilz- Lehrpfad im Wisentgehege gedeiht, ist aber nur für Wildschweine genießbar.

Seit zwei Jahren beobachtet Experte Hubert Klimke diesen ungewöhnlichen Pilz mit dem lateinischen Namen Ischnoderma resinosum genau. Neben seinem ungewöhnlichen Duft zu dieser Jahreszeit hält der Laubholz-Harzporling noch andere Überraschungen bereit: Die sogenannten Guttationstropfen auf seinem Fruchtkörper scheinen eine besondere Wirkung zu haben. „Die Fläche dem Pilz ist nach Austreten der Tropfen moosfrei“, berichtet Klimke. Seine Beobachtungen wird der Völksener nun auch an einen Fachzeitschrift, den Tintling, verschicken. Hierfür hat Klimke schon andere Beiträge geschrieben. Pilze sind Überlebenskünstler, sagt Hubert Klimke. Er muss es wissen. Seit seiner Kindheit beschäftigt sich der 73-jährige Völksener mit Pilzen. Das Wissen um die „interessanten Mitgeschöpfe“, wie Klimke die Gewächse liebevoll nennt, dürfe nicht verloren gehen, sagte der Experte.

Klimke, der am Otto-Hahn-Gymnasium neben Chemie und Biologie auch Sport unterrichtet hat, gibt heute an der Volkshochschule Kurse für Pilzfreunde und solche, die es werden wollen. „Das Thema ist absolut faszinierend,““, sagt er.

Zahlreiche Geschichten, allein rund um genießbare Pilze, kennt der Völksener. Da war etwa der einstige Kriegsgefangene, dem die eiweißhaltigen Pilze in Russland das Leben gerettet hätten. Und Klimke weiß natürlich auch um die Heilwirkung vieler Pilze: „Schon der Gletschermann Ötzi trug an seinem Gürtel den Birkenporling, der eine blutstillende Wirkung hat.“ Und der sibirische Chaga, dem viele positive Eigenschaften zugeschrieben werden, sei inzwischen Bestandteil eines Modegetränks, weiß Klimke.

In unseren Mittelgebirgen wachsen rund 1300 verschiedene Pilzsorten, erklärt Experte Klimke. Davon seien 150 Sorten giftig, etwa 15 sogar schwer giftig. Eine unangenehme Wirkung auf den Magen-Darm-Trakt etwa hat der Dickschalige Kartoffelbovist. Ihn verwendete ein Mann, der seine Verwandtschaft zur „Hottelner Trüffelsuppe“ eingeladen hatte, erzählt Klimke eine bekannt gewordene Begebenheit. Weil er sich aber Trüffel nicht leisten konnte, verwendete er die giftigen Kartoffelbovisten. Mit schlimmen Folgen: Viele Gäste mussten ins Krankenhaus.

Was genießbar und giftig ist, darüber wissen auch die Mitglieder der Pilzgruppe im Wisentgehege bestens Bescheid. Klimke hat als Mitglied den Pilzlehrpfad der Öffentlichkeit mit übergeben. Viel Arbeit haben die Mitglieder in den 250 Meter langen Rundkurs gesteckt, der zunächst komplett mit Brennsesseln überwuchert war. Bei Großveranstaltungen sorge die Gruppe dafür, dass viele Menschen den Wert der Pilze zu schätzen wissen, freut sich der Völksener. So präsentiert die Gruppe nicht nur auf dem Kürbis- und auf dem Hubertusfest eine reiche Auswahl und informiert zugleich die zahlreichen Besucher. In diesem Jahr werde die Gruppe zum zweiten Mal am Europäischen Pilztag am 23. September teilnehmen, berichtet Klimke.

Wer Interesse an der Pilzgruppe hat, ist eingeladen, mitzumachen. Jeden ersten Freitag im Monat sammeln sich die Mitglieder um 18 Uhr an der Kasse des Wisentgeheges.