Zwölf Wisente erreichen Poieni

Eine 1500 Kilometer lange Reise haben die Springer Wisente auf sich genommen. So viele Kilometer liegen zwischen dem Wisentgehege, ihrem bisherigen Zuhause, und ihrer neuen Heimat im rumänischen Poieni.

Dort sollen die vom Aussterben bedrohten Wildrinder ausgewildert werden. Mit dabei: Wisentgehege-Leiter Thomas Hennig.

„Ich wollte persönlich sehen, in welchem Gebiet die Wisente ihre neue Heimat finden“, betont Hennig. Die Strapazen der Fahrt im Auto habe er dafür gerne in Kauf genommen, um den Transport begleiten zu können. „Standard ist das nicht, dass wir dabei mitfahren.“ Am Ende habe sich die Reise nach Rumänien aber gelohnt. „Ich war beeindruckt und überwältigt von der Landschaft. Das hat mir gezeigt, dass das, was wir hier machen, total gut ist“, betont Hennig, der zugleich Leiter des European Bison Conservation Centers (EBCC), Regionalzentrum Nord, ist.

Ein Jahr im Voraus hat Hennig den aufwendigen Transport der Tiere vorbereitet – und alle bürokratischen Hürden genommen. „Es hat viel Arbeit in Anspruch genommen, die Tiere auszusuchen, die nach Rumänien kommen.“ Bei der Auswahl spiele das Alter, die Genetik, aber auch der Gesundheitszustand eine Rolle. „Da hängen viele organisatorische Fragen dran, etwa, ob der Betrieb die Tiere überhaupt laden kann.“

Neben den drei Tieren aus dem Wisentgehege war er für alle Wisente aus deutschen Wildparks und Zoos zuständig – insgesamt zwölf haben eine neue Heimat in Rumänien gefunden. Es ist ein Projekt des World Wide Fund For Nature (WWF) in Kooperation mit Rewilding Europe, Romanian Wilderness Society und anderen Partnern vor Ort.

In einem ersten Schritt sind jetzt im Projektgebiet Poieni 14 Wisente ausgewildert worden, drei Wisente kommen aus Springe. Alleine der Transport gestaltete sich schwierig, berichtet Hennig. „Die letzte Strecke bis zur sogenannten Akklimatisierungszone war eine echte Herausforderung. Der Lkw hat die extremen Wegebedingungen nicht selbst bewerkstelligen können. An etlichen Steigungen und unwegsamen Passagen musste er von einem schweren Forstschlepper gezogen werden.“ Aber die Kollegen vor Ort waren vorbereitet und hatten die Situation im Griff. „So haben wir es gut hinbekommen, trotz des Mordsaufwands.“

Die Tiere hätten die lange Fahrt gut überstanden und seien gesund angekommen. In einer 14 Hektar großen Akklimatisierungszone verbringen die Wisente die ersten vier Wochen nach der Ankunft. Nach und nach sollen die Tiere in den kommenden Wochen nun das riesige Gelände erkunden und schrittweise die verschiedenen Zonen erschließen.

„Unendliche Wildnis, keine Besiedelung, keine menschliche Infrastruktur – ein Paradies für die bedrohte Tierart – das ist sensationell.“

Die Landschaft sei geprägt von den Bergen und Tälern der Karpaten. Nahrung gäbe es im Überfluss.

„Auf einer Exkursion ins Projektgebiet am Tag danach konnten wir nach langem Suchen tatsächlich einen Teil der am Vortag angekommenen Wisente entdecken, was in der stark strukturierten Landschaft nicht selbstverständlich war“, sagt Hennig. Damit die Projektbetreiber wissen, in welchem Teil des riesigen Auswilderungsgebiets sich die 14 Tiere befinden, tragen drei Wisente GPS Halsbänder – darunter auch Sporty aus Alvesrode. Die Ergebnisse sollen später wissenschaftlich ausgewertet werden.

Nach der Reise kann Hennig jetzt seinen Kollegen von den anderen Wildparks und Zoos berichten, wie es den Tieren vor Ort tatsächlich geht und wie sie dort leben werden. „Damit motiviere ich die Kollegen auch weiterzumachen.“ Bereits jetzt laufen bei Hennig die Vorbereitungen für den nächsten Transport nach Rumänien. „Im kommenden Jahr geben wir wieder sechs Wisente aus Springe nach Rumänien ab“, kündigt Hennig an.