Die schwierige Suche nach einem Bäcker

Die Nachfolge-Problematik im heimischen Handwerk ist eigentlich kein Thema, das den Stadtrat beschäftigt. Gestern Abend hatte die Lokalpolitik aber einen Punkt auf der Tagesordnung, der ihr quasi auf Umwegen die Dramatik in einigen Bereichen verdeutlicht, dass es zu wenigBäckereien in der Stadt gibt.

Bas Münder. Die Nachfolge-Problematik im heimischen Handwerk ist eigentlich kein Thema, das den Stadtrat beschäftigt. Gestern Abend hatte die Lokalpolitik aber einen Punkt auf der Tagesordnung, der ihr quasi auf Umwegen die Dramatik in einigen Bereichen verdeutlicht: Die Diskussion um die Vergabe der Lehensemmel-Herstellung offenbart den inzwischen augenfälligen Mangel an Bäckereien in der Stadt.

Lehensemmel sind eine speziell mündersche Tradition, die weit in die Geschichte der Stiftung St. Annen- und St. Bartholomäi-Lehen zurückreicht. Am 13. April 1543 wurde festgeschrieben, was die Brüder Theodor, Hans und Hartmann Ading 1353 gestiftet und Diederich Ading 1484 neu fundiert hatte: das St. Bartholomäi-Lehen. Auch das von Dietrich Langehans und Heinrich Lüder gestiftete St. Annen-Lehen sollte ausdrücklich für Stipendien „für arme Knaben aus den geschlechten, von denen sie herkomen ...“ bestimmt sein.

Der Stadt obliegt die Verwaltung der Lehen, ein eigener Ausschuss befasst sich damit. Und dieser Ausschuss hat auch über die jedes Jahr zu Gründonnerstag praktizierte Vergabe von Gebäck an die Nachfahren der Stifter zu wachen. Das Problem des Ausschusses und damit auch des Stadtrates: Mit der Betriebsaufgabe der Bäckerei Bergmann in diesem Jahr ist der letzte Bäcker aus einem Zweig der Stifter ausgefallen. Und die Suche nach einem Bäcker für die Lehensemmel offenbarte nur eine sehr geringe Auswahl: In der Kernstadt sind lediglich die Bäckerei Lorey in den Räumen der ehemaligen Bäckerei Licht und Konditor Wilfried Meynen aktiv, in Flegessen backt Friedhelm Schmidt noch selbst – alle anderen Bäcker haben inzwischen aufgegeben. Seit Filialen größerer Bäckereiketten oder Backstationen in Supermärkten ins Geschäft eingestiegen sind, schwindet die Zahl der Bäcker im Handwerk kontinuierlich. Die Entwicklung in Bad Münder spiegelt da den bundesweiten Trend. Seit Mitte der neunziger Jahre hat sich die Zahl der Bäckereien halbiert – von etwa 25 000 auf gut 12 000. „Vielen Bäckermeistern fehlt der Nachfolger“, sagt Ulrich Wichmann. Der Geschäftsführer der Bäckerinnung Hameln-Pyrmont beschäftigt sich aus professionellem Interesse mit dem Rückgang, und ein Ende des Negativ-Trends kann er nicht ausmachen. „Man wird zum Berufsskeptiker“, sagt er – und wird nicht müde, den Mitgliedern der Innung die rechtzeitige Auseinandersetzung mit dem Thema Nachfolge ans Herz zu legen. „Der letzte Blick in die Mitgliederstruktur offenbarte ein Durchschnittsalter von 55 plus. Da läuft die Zeit, sich mit der Nachfolge zu beschäftigen“, so Wichmann. Er kennt aber auch die Schwierigkeiten, vor denen gerade junge Meister stehen, die einen eingeführten Betrieb übernehmen möchten. Den Ruhestand und die ungewisse Suche nach einem Nachfolger im Blick, scheuen viele Betriebsinhaber größere Investitionen kurz vor ihrem Ausscheiden. Wer anfange, stehe also oft vor großen finanziellen Herausforderungen: „Der Ofen 45 bis 50 Jahre alt, die Einrichtung des Ladenlokals 35 Jahre – wer da neu beginnen will, muss schon 150000 Euro in die Hand nehmen. Das geht bei der Bank aber nur bei entsprechenden Sicherheiten, und da ist das Thema schnell erledigt.“

Ähnlich wie im Bäckerhandwerk sehe es auch bei den Fleischern aus – die letzten dieser Betriebe im Stadtgebiet sind Heuer in Hasperde und Schönemeier in Bakede. „Für unsere Kinder und Enkelkinder sehe ich schwarz. Sie werden nur noch den Einheitsgeschmack der Produkte der großen Ketten kennen“, sagt Wichmann.